Dass bei Typ-2-Diabetikern der Blutzucker aus medizinischen Gründen auf „normnahe“ Werte abgesenkt werden sollte, ist nach neuesten Studienergebnissen nicht erwiesen. Einer Nutzenbewertung des Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zufolge kann eine Einstellung auf einen „gesunden“ Blutzuckerwert sowohl Vorteile als auch Nachteile für den Patienten haben.
Das IQWiG hatte sieben randomisierte, kontrollierten Studien mit Daten von 28.000 Patienten ausgewertet. In den Untersuchungen waren zwei verschiedene Therapiestrategien miteinander verglichen worden: Einerseits wurden Patienten auf normnahe Werte eingestellt, in der anderen Gruppe wurden die Blutzuckerwerte nicht in gleichem Maße abgesenkt.
In keiner der Studien wurde eine signifikante Reduktion der Gesamtmortalität durch die „normnahe“ Blutzuckersenkung beobachtet. Auch für Folgekomplikationen wie Herzinfarkte, Schlaganfälle, Niereninsuffizienz, Amputationen oder Erblindung konnten die Wissenschaftler keinen Unterschied sehen. Auch bezüglich der „gesundheitsbezogenen Lebensqualität“ konnte beiden Therapiemodellen weder Schaden noch Nutzen nachgewiesen werden. Nur Diabetiker mit dem Therapieziel „nichttödliche Herzinfarkte“ hätten einen Vorteil von einer normnahen Absenkung des Blutzuckerwertes, so das IQWiG.
Dagegen seien bei der intensiveren Absenkung häufiger Unterzuckerungen und „andere schwerwiegende Ereignisse“ aufgetreten.
Aus der IQWiG-Studie können Mediziner keine Erkenntnisse zur Diabetes-Therapie gewinnen: „Wenn Ärzte also vor der Frage stehen, was sie ihren Diabetes-Patienten konkret anbieten können, ob sie den Blutzucker möglichst weit absenken sollen und bei welchen Patienten dies vielversprechend ist, und bei welchen weniger, bekommen sie noch immer keine befriedigenden Antworten“, so IQWiG-Chef Professor Dr. Jürgen Windeler.
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