Angeklagte in U-Haft

Paxlovid: Apothekerin dealte mit Reinigungskraft

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Berlin -

Wegen illegaler Paxlovid-Verkäufe hat die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) in Nürnberg vor Kurzem vier Anklagen erhoben. In einem der Verfahren sitzen zwei Beschuldigte sogar in U-Haft: Eine Apothekerin und ihr Mitarbeiter sollen tausende Packungen illegal gehandelt haben. Der Angestellte kann aber nicht wegen Untreue, sondern nur wegen Beihilfe belangt werden.

Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg wirft beiden Angeklagten Untreue vor, jeweils mit vorsätzlicher Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an Unbefugte sowie mit vorsätzlichem Betreiben eines Großhandels mit Arzneimitteln ohne Erlaubnis.

Beide hätten von Januar bis Juni 2023 in zehn Fällen das verschreibungspflichtige antivirale Arzneimittel Paxlovid rechtswidrig weiterverkauft, insgesamt 5785 Therapieeinheiten. Paxlovid war während der Corona-Pandemie zentral durch die Bundesrepublik eingekauft worden und sollte kostenlos an Patienten im Inland abgegeben werden. Ein Handeltreiben oder die Abgabe des Arzneimittels ins Ausland waren nicht erlaubt.

Während die Apothekerin wegen Untreue angeklagt ist, scheidet bei ihrem Mitarbeiter eine entsprechende Verurteilung des Angestellten laut Landgericht Nürnberg-Fürth (LG) aus. Denn er ist kein Approbierter, sondern im Reinigungsgewerbe tätig und arbeitet nebenbei in der Apotheke.

Laut Gericht handelt es sich bei Untreue um ein Sonderdelikt. „Täter der Untreue kann nur sein, wer selbst in einem besonderen Pflichtenverhältnis steht.“

Per Allgemeinverfügung sei den Apotheken die Abgabe antiviraler Arzneimittel gegen Covid-19 übertragen worden; die für den Vorwurf der Untreue relevante Pflichtenstellung gilt dabei nicht für sämtliche Angestellte der Apotheke, sondern nur gegenüber dem Apotheker und gegegebenfalls seinem pharmazeutischen Personal. „Indem die beiden Allgemeinverfügungen den Apotheken die Abgabe von Arzneimitteln zuweisen, aber keine weiteren Regelungen zu den Abläufen oder Zuständigkeiten innerhalb der Apotheken treffen, lassen sie diese zentrale und verantwortliche Stelle des Apothekers (und seines pharmazeutischen Personals) unangetastet.“

„Der Angeklagte, der über keine einschlägige Ausbildung verfügte, zählte zum nichtpharmazeutischen Personal. Es war ihm, wie jedem außenstehenden Dritten auch, schlicht untersagt, sich mit der Abgabe von Arzneimitteln aus der Apotheke heraus zu befassen. Demnach stand er bezogen auf die Abgabe von Paxlovid in keiner besonderen Pflichtenstellung zur Bundesrepublik Deutschland. Folglich könnte der Angeklagte allenfalls wegen Teilnahme an einer Untreue der Mitangeklagten verurteilt werden. Nachdem, jedenfalls derzeit, Anhaltspunkte für deren Anstiftung durch den Angeklagten fehlen, kommt insoweit nur Beihilfe (§ 27 StGB) in Betracht.“

Ungeachtet davon könnten beide Angeklagte wegen der genannten Verstöße gegen die arzneimittelrechtlichen Vorschriften belangt werden, „weil sie als Täter in Betracht kommen“.

Sowohl die Apothekerin als auch ihr Mitarbeiter bleiben in U-Haft: Das Gericht hat Haftfortdauer angeordnet, weil „die bisherigen Haftgründe zutreffen und fortbestehen“. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft erklärt: „Fluchtgefahr besteht insbesondere auf Grund der nicht unerheblichen Straferwartung.“

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