40-jähriges Jubiläum

Inhaber: „Ich kann das Gejammere um das E-Rezept nicht verstehen“

, Uhr
Berlin -

Im August 1985 gründete der damals 26-jährige Apotheker Dirk Voß in der sauerländischen Kleinstadt Altena seine erste Apotheke. Nun feiert die Apotheke am Bahnhof das 40-jährige Bestehen. Voß feiert auch den technologischen Fortschritt, zu dem für ihn auch das E-Rezept zählt.

Seit 40 Jahren leitet Inhaber Voß die Apotheke in Altena. 2007 übernahm er zudem noch eine Filiale, die Markt-Apotheke auf der anderen Seite der Lenne, dem Fluss, der durch Altena fließt. In den 40 Jahren seiner Berufstätigkeit hat Voß die Branche in großem Stil wandeln sehen. Verändert habe sich insbesondere die Technik, erklärt er. Die technische Abwicklung habe damals noch ohne Computer mit Mikrofilm stattgefunden. Durch die Computer habe sich vieles zum Besseren und zum Einfachen entwickelt, allerdings seien dadurch auch neue Aufgaben für die Branche hinzugekommen.

„Kann das Gejammer nicht verstehen“

„Ich kann das Gejammere um das E-Rezept nicht verstehen. Es kommt zwar ab und an zu Ausfällen – und ja, das ist nervig und führt auch zu Umsatzverlusten – aber bei uns hält sich das in Grenzen.“ Laufe das System, sei die Entlastung groß: Die Verordnung liege eindeutig vor, und sowohl unnötige Wege als auch das Einlesen von Papierrezepten entfielen.

An das alte Muster-16-Rezept erinnert sich Voß wenig begeistert. Darauf sei häufig alles vermerkt worden, was möglich war – einschließlich Salben und Cremes, und das komplett handschriftlich.

Mit der elektronischen Patientenakte (ePA) sehe es anders aus: „Die ePA tangiert uns nicht so sehr wie das E-Rezept“, erklärt er. Sie sei vor allem für die Kommunikation und den Informationsaustausch zwischen Fach- und Hausärzten relevant. Natürlich sei die Medikationsliste auch für Apotheken von Bedeutung. „Wenn es im Einzelfall gewünscht ist, werden wir uns da reinfuchsen.“ Eine intensive Bewerbung der Medikationsanalyse plane er jedoch nicht – das sei vielleicht eher etwas für die Jüngeren.

Verschärfte wirtschaftliche Lage

Doch längst nicht alles habe sich in den vergangenen 40 Jahren zum Besseren entwickelt. Als große Herausforderungen der Branche erkennt Voß den Wegfall von Großhandelsrabatten und das seit Jahren unveränderte Fixum – bei gleichzeitig steigenden Betriebskosten.

Auch der zunehmende Einfluss ausländischer Versender bereitet dem Apotheker Sorgen. Wegen der Konkurrenz bei lukrativen OTC-Produkten habe er bereits vieles aus dem Sortiment genommen. „Bei den Dumpingpreisen der HV-Artikel lassen sich selbst Ältere diese nach Hause liefern“, weiß Voß. Besorgt verfolgt er zudem die aktuelle Entwicklung bei Rx-Boni, die Versender gewähren. Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente sei unabdingbar und müsse erhalten bleiben, betont er.

Die Stärke seiner Apotheke liegt laut Inhaber in der persönlichen Betreuung. „Altena ist eine Kleinstadt, die Leute hier schätzen die persönliche Beratung.“ Das Gespräch von Angesicht zu Angesicht sei das A und O – und das könnten die Versender nicht ersetzen.

Nachwuchsmangel

Aktuell beschäftigt Voß in seinen beiden Apotheken zusammen 14 Mitarbeiter:innen, die meisten in Teilzeit. „Ich bin noch gut aufgestellt“, erzählt er. „Mein Personal ist sehr treu, erst kürzlich hat eine meiner Mitarbeiterinnen ihr 25-jähriges Jubiläum gefeiert.“ Doch das ist in seiner Region keinesfalls üblich: Bereits 2024 schloss die PTA-Schule in Hagen – die nächste Ausbildungsstätte in der Region. Die nächste Schule befindet sich erst im über 30 Kilometer entfernten Dortmund: „Das ist vielen zu weit.“

Den Maßnahmen im Koalitionsvertrag stehe der Apotheker skeptisch gegenüber: Zwar würden die Erhöhung des Fixums auf 9,50 Euro und die Rücknahme des Skonto-Verbots finanzielle Entlastung bringen, aber den Apotheken sei seitens der Politik in der Vergangenheit schon vieles versprochen worden.

„Das glaube ich erst, wenn es wirklich auf meinem Konto ankommt! Langjährige Berufserfahrung lehrte: Wenn sie uns etwas schenken, ziehen sie die Daumenschraube irgendwo anders an“, so Voß’ Einschätzung. In seinen 40 Berufsjahren habe sich sein Einkommen nicht verbessert, es sei eher rückläufig. „Ich will nicht meckern, es geht mir nicht schlecht, aber dass man von einer Kleinstadt-Apotheke reich werden kann, davon kann man wirklich nur träumen.“

Apotheke? Unverkäuflich

Historische Gebäude sorgen zwar für Charme, aber auch für Probleme: In dem Flusstal seien alle Ladenlokale traditionell mit Stufen versehen, um sie vor Hochwasser zu schützen. Nach aktuellen gesetzlichen Vorgaben muss eine Apotheke aber barrierefrei sein, erklärt der heute 66-Jährige. Sein Mietvertrag mache einen Umzug zudem schwierig. Aktuell genieße er Bestandsschutz, doch eine neue Apotheke nach ihm kann an dem Standort nicht eröffnet werden. „Mit meinem Renteneintritt verliert Altena definitiv diesen Standort.“ Immerhin: Seine Filiale erfüllt die Anforderungen.

Mit diesem Problem steht der Inhaber nicht alleine da. Es gebe deutschlandweit viele Traditionsbetriebe, die vor der Herausforderung denkmalgeschützter Häuser stünden. „Ich will den Kollegen Mut machen, weiterzumachen: Das Heil liegt nicht in der Technik, sondern in der 1:1-Betreuung. Das ist das A und O, dann ist der Rabatt der Versender vielen weniger wert als das persönliche Gespräch“, betont Voß.

Guter Journalismus ist unbezahlbar.
Jetzt bei APOTHEKE ADHOC plus anmelden, für 0 Euro.
Melden Sie sich kostenfrei an und
lesen Sie weiter.
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch
Mehr zum Thema
Niederschwelliges Angebot in Apotheken
Preis: Jetzt noch gegen Grippe impfen lassen
„Nicht am Konzept gescheitert“
Trotz Millionen-Umsatz: Easy-Apotheker insolvent