Zuwendungsverbot

BGH: Darf der Arzt der „Erbe“ sein?

, Uhr
Berlin -

Der Bundesgerichtshof (BGH) muss entscheiden, ob der behandelnde Arzt eines Patienten dessen Erbe sein darf. Es geht um die Frage, ob eine entsprechende Zuwendung einen Verstoß gegen ein berufsständisches Zuwendungsverbot darstellt und damit unwirksam ist.

Es geht um eine Hausarzt, der einen Patienten seit 2015 behandelt hatte. Im Januar 2016 schlossen er, der Erblasser sowie eine ihn pflegende Frau und deren Tochter vor einem Notar eine als „Betreuungs-, Versorgungs- und Erbvertrag“ bezeichnete Vereinbarung. In dieser verpflichtete sich der Hausarzt zu verschiedenen ärztlichen Leistungen, unter anderem zu medizinischer Beratung und Behandlung, zu Hausbesuchen und telefonischer Erreichbarkeit sowie zu Betreuungsleistungen im häuslichen Bereich. Als Gegenleistung sollte der Arzt im Falle des Todes des Erblassers das Eigentum an einem dem Erblasser gehörenden Grundstück erhalten.

Drei Monate verfügte der Erblasser in einem notariellen Testament, dass ihn die pflegende Frau hinsichtlich seines im Vertrag vom Januar 2016 nicht erfassten Vermögens allein beerben solle. Im Januar 2018 verstarb der Mann, die Erbin nahm seinen Nachlass in Besitz.

Im Dezember 2019 wurde über das Vermögen des Hausarztes das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter forderte nun die Übertragung des dem Arzt in der Vereinbarung vom Januar 2016 zugewandten Grundstücks an die Insolvenzmasse.

Das Landgericht Bielefeld wies die Klage ab, auch die Berufung vor dem Oberlandesgericht Hamm hatte keinen Erfolg.

Die Zuwendung des Grundstücks an den Hausarzt wurde dabei als Vermächtnis ausgelegt. Aus diesem könne der Insolvenzverwalter aber keinen Anspruch zugunsten der Insolvenzmasse herleiten, denn die Übertragung sei unwirksam: Dem Hausarzt sei ein standesrechtlicher Verstoß gegen § 32 Abs. 1 Satz 1 der Berufsordnung der örtlich zuständigen Ärztekammer Westfalen-Lippe vorzuwerfen.

Mit dem ihm zugewandten Grundstück habe er sich von einem Patienten einen anderen Vorteil im Sinne dieser Regelung versprechen lassen. § 32 Abs. 1 Satz 1 der Berufsordnung diene dem auf die Ärzteschaft allgemein bezogenen und hier betroffenen abstrakten Vertrauen in die Freiheit und Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen und damit dem Ansehen und der Integrität der Ärzteschaft. Die Unwirksamkeit der Vermächtnisanordnung schränke auch die verfassungsrechtlich geschützte Testierfreiheit des Erblassers nicht ungerechtfertigt ein.

Entscheiden muss nun der unter anderem für das Erbrecht zuständige IV. Zivilsenat des BGH.

Guter Journalismus ist unbezahlbar.
Jetzt bei APOTHEKE ADHOC plus anmelden, für 0 Euro.
Melden Sie sich kostenfrei an und
lesen Sie weiter.
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema