Die Bonus-Taler in Apotheken haben ihre Glanzzeiten hinter sich. Für manche Inhaberinnen und Inhaber waren sie ein beliebtes Kundenbindungs-Tool. Das Ganze artete sogar so weit aus, dass Gerichte über die Zugaben entschieden. In der Apotheke Frankenbach in Heilbronn wurden Taler jetzt wieder eingeführt. Der Inhaber, der den Betrieb vor einem Jahr übernommen hatte, lobt die Vorteile.
Apothekentaler wurden als Rabattsystem in vielen Betrieben zur Kundenbindung genutzt. Über den HV-Tisch gingen Elefanten-, Ahorn- oder Bären-Taler. Die Sammelmarken gibt es mitunter immer noch, doch ihre Höchstzeiten sind vorbei. Vielleicht auch, weil es manche Inhaberinnen und Inhaber mit der Boni-Gewährung übertrieben. Die Taler wurden mitunter auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel abgegeben und damit gegen die Preisbindung verstoßen.
Christopher Kiesow aus Heilbronn sieht in den Sammelmarken Vorteile für seinen Betrieb. Er übernahm die Apotheke und damit auch Risiken, da die Zahlen „nicht gigantisch“ gewesen seien. Zudem fehle es an Parkplätzen. Mit den Talern will er Kunden binden und zu sich lotsen. Auch digital könnten sie per App eingesammelt werden.
Die Apotheke arbeitete bereits vor der Übernahme mit Bonustalern. Das Konzept war jedoch nahezu eingestellt. Die Taler wurden nur auf Nachfrage oder an Stammkunden ausgegeben. Kunden hatten die Gewohnheit des Sammelns verloren, das Programm war kaum präsent. Jetzt nutzen wieder 90 Prozent der Kundschaft die Möglichkeit, Taler zu sammeln.
Das Konzept kommt nicht von ungefähr: Kiesow profitiert beim Aufbau seiner ersten Apotheke von der Erfahrung seines Onkels Albrecht Kiesow. Der Apotheker und Gründer des Dienstleisters „MAK Marketing für aktive Kollegen“ unterstützt seinen Neffen und führte die Taler Ende der 1990er-Jahre ein. Ziel sei es gewesen, Apotheken im Wettbewerb gegenüber Drogerien zu stärken.
Die rechtlichen Vorgaben würden eingehalten. Während verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht bonifiziert werden dürfen, besteht bei OTC-Produkten, Kosmetik oder Gesundheitsartikeln die Möglichkeit, Kundenbindungsprogramme einzusetzen.
Darüber hinaus könnten Apotheken Taler auch nutzen, um Kunden für besondere Aufwände zu entschädigen, etwa bei langen Wartezeiten oder einer erneuten Anfahrt aufgrund von Lieferengpässen. Entscheidend sei dabei eine transparente Kommunikation sowie die Einhaltung der Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes.
Laut Kiesow konnte die Besuchsfrequenz um 26 Prozent erhöht werden. Auch die durchschnittlichen Warenkörbe seien seit der Wiedereinführung gestiegen. Zudem werde die Apotheke wieder stärker von Kunden aus dem Umland aufgesucht. „Der Apothekentaler ist für viele Menschen eine Anerkennung, welche Zufriedenheit schafft. Sie verbinden damit positive Erlebnisse und das motiviert, wiederzukommen“, sagt Kiesow.
Die Taler könnten bei lokalen Partnerbetrieben eingelöst werden. Manche spendeten die Sammelmarken etwa für den Kindergarten. Ergänzend gebe es Prämien. Die Auslieferung erfolge zentral über die MAK, sodass keine zusätzlichen Lagerflächen oder Vorfinanzierungen erforderlich sind.
Die Lagerung der Geschenke war für viele ein Knackpunkt. „Es gab ja ganze Prospekte, man konnte als Kunde von Bügeleisen über Püppchen alles einsammeln“, sagt ein anderer Inhaber. „Das war damals schon grotesk.“
Apotheken sollen ganze Garagen gemietet haben, um ihre Bonusgeschenke zu verstauen. Es habe einen Großhändler gegeben, bei dem allerlei „Nippes“ gekauft werden konnte, erinnert sich ein anderer Inhaber. Er selbst setzt nicht auf Taler. „Denen ist die Lagerhaltung geplatzt. Ich bin offen für Rabatte, weil die Kunden mittlerweile sehr preissensibel sind. Aber das war schon verrückt.“