EU-Kommission

Vertragsverletzung wegen Clopidogrel

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Der Streit um die Zulassung von Generika des Thrombozytenaggregationshemmers Clopidogrel wird zu einer Angelegenheit von nationalem Interesse. Die EU-Kommission leitete Ende Juni ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein. Nach Ansicht der Brüsseler Behörde hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit der Zulassung gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen.

Konkret geht es im Streit vor allem um Fragen der Datenhoheit: Im Mahnschreiben folgt EU-Industriekommissar Günter Verheugen der Argumentation der Originalhersteller Sanofi-Aventis (Plavix) und Bristol-Myers Squibb (Iscover), nach denen die Zulassung vom 21. Mai 2008 auf Daten beruht, die bis zum 15. Juli 2008 - zehn Jahre nach der Erstzulassung - dem Datenschutz unterlagen.

Betroffen sind offenbar die Produkte von Hexal und Ratiopharm; das Mahnschreiben richtet sich gegen die Zulassung zugunsten des Dienstleistungsunternehmens Yes, das vermutlich als Mittler zwischen dem ursprünglichen Inhaber der Zulassung, der schweizerischen Pharmagruppe Schweizerhall, und den Generikafirmen fungierte.

Bereits im August vergangenen Jahres hatte sich die Kommission an die deutschen Behörden gewandt. Diese hatte in ihrem Antwortschreiben vom Dezember eingeräumt, dass die strittigen US-Dokumente im Zulassungsverfahren als „unterstützende beziehungsweise ergänzende Unterlagen“ berücksichtigt wurden.

Nach Ansicht der Kommission dürfen sich weder Generikahersteller noch Zulassungsbehörden „auf Daten aus den präklinischen und klinischen Unterlagen eines Referenz-Arzneimittels stützen, um Schlussfolgerungen bezüglich der Unbedenklichkeit und Wirksamkeit eines Arzneimittels zu ziehen [...], wenn diese Daten noch dem Datenschutz unterliegen“.

Zusätzlich moniert Brüssel im Verfahren den so genannten Nachweis der allgemeinen medizinischen Verwendung: Das Zulassungsverfahren für Generika wird vereinfacht, wenn der Wirkstoff seit mindestens zehn Jahren in der EU zum breiten Einsatz gekommen ist und seine Wirksamkeit und ein annehmbarer Grad der Sicherheit angenommen werden kann.

Das BfArM hatte die so genannte Caprie-Studie und andere klinische Versuche mit eingerechnet, die vor 1998 erschienen waren. Zwar setzt auch nach Ansicht der Kommission die allgemeine Verwendung keine Zulassung voraus. Doch die Brüsseler Behörde sieht den zehnjährigen Einsatz nicht belegt: „Da klinische Versuche mit Arzneimitteln per definitionem eine kontrollierte Verwendung darstellen, kann dies nicht als systematische medizinische Versorgung gelten.“

Ganz am Ende des Mahnschreibens wird Verheugen noch einmal deutlich: „Die Entscheidung des BfArM jedoch, die medizinische Verwendung in klinischen Prüfungen als systematische Verwendung in der Gemeinschaft anzusehen, wird in der Tat innovatorische Unternehmen davon abhalten, die Ergebnisse ihrer Forschungen so rasch wie möglich zu veröffentlichen.“

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