Versender in der Warteschleife

Shop Apotheke: Es geht auch ohne E-Rezept – erstmal

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Berlin -

Der vorerst abgesagte Roll-out des E-Rezepts hat auch die Versender geschockt, die Aktienkurse brachen erneut ein. Stefan Feltens, CEO von Shop Apotheke, betont, dass es auch ohne das E-Rezept geht – zumindest vorerst.

„Es war natürlich nicht das, was wir uns erhofft hatten“, so Feltens im Interview mit dem NZZ-Börsenmagazin „The Market“. „Allerdings kam es nicht völlig unerwartet. Vonseiten der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe wurden ja bereits Bedenken artikuliert. Dennoch sind wir überzeugt, dass das E-Rezept kommen wird.“ Wahrscheinlich werde es abermals später als gedacht, und auch die Penetration des E-Rezept-Marktes dürfte etwas länger dauern.

Trotzdem sei man zuversichtlich: „Mir ist es wichtig zu betonen, dass das Geschäftsmodell von Shop Apotheke bis auf Weiteres auch ohne das E-Rezept funktioniert. Das haben die Zahlen für das dritte Quartal gezeigt. Wir wachsen und weisen ein positives operatives Ergebnis aus, wenn auch zugegebenermaßen marginal. Hier gibt es noch Potenzial. Doch unser deutliches Wachstum in den letzten drei Jahren ist uns ohne das Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten gelungen. Vor der Coronapandemie hatten wir knapp 5 Millionen aktive Kundinnen und Kunden, heute sind es 9 Millionen.“

Enormes Wachstumspotenzial

Derzeit erhalte man noch eine sehr geringe Anzahl an E-Rezepten. „Wir tun jetzt alles, um andere Marktteilnehmer, ob Ärzte oder Patientinnen, von den Vorteilen des E-Rezepts zu überzeugen. Unser Wachstumspotenzial in diesem Markt ist aber enorm.“ Einerseits werde sich der Umsatz mit der endgültigen Einführung vervielfachen. „Doch mindestens genauso wichtig ist, dass sich dadurch auch unsere Ertragskraft deutlich verbessern wird. Pro Bestellung ist schon heute fast jede Bestellung für ein rezeptpflichtiges Medikament cashflowpositiv. Das können wir leider noch nicht für jede Bestellung von nicht verschreibungspflichtigen Produkten sagen.“

Das E-Rezept soll also nicht nur Umsatz bringen, sondern auch endlich positive Zahlen. „Ertragstreiber werden, wie bei vielen E-Commerce-Unternehmen, vor allem Skaleneffekte sein. Unsere Kosten werden sich also unterproportional zum Umsatz entwickeln“, so Feltens. Auch andere Bereiche wie der Marktplatz soll ab einer gewissen Größenordnung äußerst profitabel werden.

Kein Übernahmekandidat

Feltens räumt ein, dass einige Aktionäre ausgestiegen sind. „Doch der momentane Kurs kann auch ein attraktives Einstiegsniveau sein.“ Als Übernahmekandidaten sieht Shop Apotheke nicht: „Ich kann da natürlich nichts ausschließen, weil es nicht in unserer Hand liegt. Ich kann Ihnen aber sagen, dass es ganz sicher nicht unser Ziel ist.“ Zudem habe man eine besondere Aktionärsstruktur mit einem Stimmrechtspool über ein Viertel der Aktien. „Das heißt, eine rein feindliche Übernahme ist bei uns deutlich schwieriger als bei anderen Unternehmen. Wir haben eine sehr klare Strategie, wo wir hinkommen wollen. Da bedarf es keiner Übernahme.“

Auch einen Einstieg von Amazon sieht er nicht: „Eine Apotheke darf in Deutschland nicht von einem Unternehmen betrieben werden, sondern nur von einer Person, also einem Apotheker oder einer Apothekerin. Selbst wenn Amazon eine Milliarde Euro die Hand nehmen würde, dürfte sie damit nicht die Apotheke um die Ecke kaufen.“ Hinzu komme, dass man es in der EU mit 27 unterschiedlichen Gesundheitsmärkten zu tun habe. „Das gefällt nicht jedem globalen Spieler; die wollen normalerweise schnell skalieren. Eines ist aber klar: Wir sitzen nicht wie das Kaninchen vor der Schlange und warten darauf, was Amazon macht.“

Genug Geld bis Break-Even

Kapitalbedarf hat Shop Apotheke laut dem CEO nicht: „Unser Cashbestand lag per Ende Dezember 2021 bei 220 Millionen Euro. Ich kann mit vollster Überzeugung die Aussage treffen, dass wir nicht mehr an den Kapitalmarkt zurück müssen. Bis wir cashflowpositiv sind, haben wir hinreichend Mittel zur Verfügung. Wenn wir eine größere Akquisition durchführen würden, wäre das natürlich eine andere Situation. Aber diesbezüglich steht momentan nichts an.“

In der Vergangenheit sei man bei Übernahmen stets überboten worden: „Es ist kein Geheimnis, dass wir bei fast allen dieser Akquisitionen ebenfalls im Prozess dabei waren, teilweise haben wir auch Angebote abgegeben. Wir mussten jeweils einsehen, dass die gezahlten Preise deutlich über dem lagen, was wir bereit waren zu zahlen. Wir haben das Geld dann in organisches Wachstum investiert, womit wir sehr gut gefahren sind.“

Heute brauche man in Deutschland keine Akquisitionen mehr – auch wenn man nichts ausschließe, solange die Migration einfach sei und in relativ kurzer Zeit einen positiven Ergebnisbeitrag liefere und Cashflow generiere.

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