Neueinführungen

OTC-Marken: Launch in Apotheke, Wachstum im Versand

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Berlin -

Neue Produkte in die Apotheke zu bringen, ist für Hersteller zwar viel Aufwand, aber auch eine gute Gelegenheit. Denn anders als bei großen Handelsketten muss man nicht bezahlen, sondern überzeugen, wenn man platziert werden will. Am Ende profitieren alle Beteiligten – oft jedoch leider auch der Versandhandel. Denn Produkte, die sich in der Offizin bewährt haben, wandern laut einer Studie oft ab zu Shop Apotheke & Co.

Die Unternehmensberatung Sempora hat die Abverkaufszahlen zu 165 Marken ausgewertet, die seit 2016 in den Apotheken eingeführt wurden. 93 Produkte hielten sich länger als sechs Jahre und erzielten im vergangenen Jahr einen Umsatz von mehr als einer Millionen Euro (reale Apothekenverkaufspreise, rAVP). Sie bildeten die Grundlage für die Analyse. Die Daten stammten von Insight Health und DatamedIQ, Line Extensions wurden nicht berücksichtigt.

Laut Studie schaffen es nur wenige Marken, nachhaltig Relevanz zu entwickeln. Zwischen 2016 und 2024 entfielen zwar rund 20 Prozent des Wachstums auf sogenannte New Brands, ihr Anteil am Gesamtmarkt lag jedoch bei lediglich 4,7 Prozent, das entspricht 664 Millionen Euro. Viele Launches zünden kurz – aber verglühen schnell, so das Zwischenfazit.

Eine weitere Erkenntnis: Neue Marken starten oft stark. Bereits im zweiten Verkaufsjahr erreichen sie laut Studie im Schnitt rund 50 Prozent ihres späteren Umsatzniveaus. Doch dieser frühe Schub sei kein Selbstläufer – sondern das Ergebnis von konsequenter Markenarbeit und Investitionsbereitschaft. „Wir warnen regelmäßig davor, die Produkteigenschaften der Neuprodukte als ‚Selbstläufer‘ zu überschätzen und die Bedeutung eines kraftvollen und strategisch sauber ausgearbeiteten Marketing- und Vertriebsprogramms zu unterschätzen“, erklärt Sven Bartsch, Principal bei Sempora.

Wer in den ersten Jahren nicht investiere, verliere den entscheidenden Moment, um Markenrelevanz zu verankern. „Der Launch ist kein Sprint – es ist die Phase, in der das Fundament für langfristige Markenführung gelegt wird.“ Nach dem ersten Wachstumsschub entscheide sich, ob eine Marke skaliere oder stagniere. Langfristiger Erfolg hänge weniger von der Produktneuheit ab als von der Fähigkeit, Markenführung, Kommunikation und Distribution aufeinander abzustimmen.

Erst Apotheke, dann Versandhandel

Im dritten Jahr verschiebt sich häufig der Marktfokus: Die Offizin bleibt laut Bartsch zwar „zentraler Vertrauensanker“, doch der Versandhandel gewinnt an Bedeutung und übertrifft ab dem zweiten Jahr den Marktdurchschnitt. „Erfolgreiche New Brands haben in der Vergangenheit in der Launchphase stärker auf die Offizin gesetzt, während in der Wachstumsphase der Versandhandel überproportional an Bedeutung gewann. Entscheidend ist dabei nicht der Kanal an sich, sondern die Fähigkeit, die Kanalstrategie situativ an Marke, Marktumfeld und strategische Zielsetzung anzupassen“, so Bartsch.

Grafik zeigt Umsatzwachstum bei New Brands
Neue Marken starten in der Apotheke – und wandern dann in den Versandhandel.Grafik: Sempora

Der Experte will Entwarnung geben. Beispiele wie Norsan und CeraVe zeigten: „Auch für Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika bleibt die Apotheke – stationär wie digital – ein wirksamer Kanal, wenn Strategie und Positionierung stimmen.“

Hersteller, die früh eine klare Kanalstrategie definieren, sicherten sich einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil. Denn das das Spielfeld für Marken erweitert: Immer mehr Kanäle und Touchpoints eröffnten zusätzliche Chancen, um Markenbotschaften gezielt zu platzieren, Zielgruppen differenziert anzusprechen und Wachstumspotenziale zu heben.

Excellence statt Zufallserfolg

Generikahersteller wie Ratiopharm oder Hexal demonstrieren laut Bartsch, wie erfolgreiche Strukturen den Unterschied machen: Sie verantworteten 29 Prozent des New-Brand-Umsatzes im vergangenen Jahr, obwohl ihr Marktanteil insgesamt nur bei 10 bis 15 Prozent liege. „Klare Markenarchitekturen, eingespielte Vertriebsketten und professionelles Lifecycle-Management schaffen Voraussetzungen für Skalierung.“

Auch Switch-Produkte seien Wachstumstreiber: Wirkstoffe wie Mometasonfuroat, Bilastin oder Desloratadin brächten es 2024 zusammen auf 94 Millionen Euro Umsatz – sie trieben vor allem die Kategorie Allergie und Rhinologie. „Wer regulatorische Chancen zum Switch strategisch vorbereitet, kann Märkte in kurzer Zeit durchdringen – aber nur, wenn Produkt, Positionierung und Vertrieb zusammenspielen“, so Bartsch.

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