Gruschwitz Textilwerke

Neuer Ärger für Merckle

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Während Adolf Merckle mit eiserner Hand über von ihm kontrollierte Gesellschaften herrschte und sich dabei auch gelegentlich über den Willen der Minderheitsaktionäre hinwegsetzte, hat sein Sohn Philipp Daniel Merckle offenbar weniger Geschick, Herr im eigenen Haus zu werden. Obwohl dem ehemaligen Ratiopharm-Chef seit einem Jahr rund 75 Prozent an der Gruschwitz Textilwerke AG gehören, musste er vor einigen Wochen im Aufsichtsrat den Hut nehmen. Jetzt drohen ihm auch noch Schadensersatzzahlungen.

Im Sommer 2008 hatte Merckle die Mehrheit an dem ehemals schlesischen Traditionsunternehmen für 12 Millionen Euro aus dem Besitz seiner Familie erworben. Doch bereits im September 2008 gab es bei seinem unternehmerischen Alleingang erste Turbulenzen: Der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth legte seinen Posten als Aufsichtsratschef nieder - wegen „Meinungsverschiedenheiten über die Unternehmenspolitik“.

Im Dezember drehte sich das Karussell bei dem von der Automobilindustrie abhängigen Industrietextilien-Hersteller weiter: Der mittlerweile von Merckle geführte Aufsichtsrat kündigte den Arbeitsvertrag mit dem langjährigen Firmenchef; in der Folge warf auch ein Steuerfachmann aus dem Imperium von Merckles Vater das Handtuch.

Kurz zuvor hatte der Gruschwitz-Aufsichtsrat unter der Führung Merckles vorsorglich den Vorstand um eine Person erweitert. Die Bestellung des neuen Managers war jedoch offenbar ebenso wenig geboten wie die fristlose Kündigung des Vorstandmitglieds. So sieht es zumindest ein Gutachter, der die Vorgänge bei Gruschwitz im Auftrag von Merckles Mitaktionären jetzt untersuchte. Auch an der Eignung des neuen Mannes und dessen Vergütung bestünden Zweifel.

Der Abschlussbericht wirft dem damaligen Aufsichtsrat Pflichtverletzungen vor, die zum Schadenersatz verpflichten. Der direkte Schaden durch das „willkürliche und gedankenlose Vorgehen“ des Aufsichtsrats soll bei 250.000 Euro liegen. Kurz vor Veröffentlichung des Gutachtens legte Merckle angesichts der Querelen um seine Person bereits seinen Posten als Aufsichtsratschef nieder.

Zuletzt waren - angesichts von Gewinn- und Kurseinbrüchen sowie Kurzarbeit - bei Kleinaktionären und Belegschaft misstrauische Töne über den bisweilen esoterischen Führungsstil Merckles laut geworden. Im Bericht des Sonderprüfers wurden daher auch das Programm „World in Balance“ und die Rolle von Regina Faerber, einer Schauspielerin und Autorin („Die Ästhetik des Alltags. Über Sinn und Wesentlichkeit unseres Tuns“) aus Stuttgart, untersucht. Faerber, die als Trainerin und Dozentin in der Wirtschaft tätig ist, hatte bei Gruschwitz auf verschiedenen Workshops gesprochen und war auf der Hauptversammlung von einem Aktionär sogar als „Chefideologin“ bezeichnet worden.

Zumindest in diesen Punkten hat der Sondergutachter keine Beanstandungen. Mit „World in Balance“ ist Merckle ohnehin weiter gezogen: Im Sommer ging der Unternehmer mit dem österreichischen Glasfließenhersteller Villiglas, bei dem er im Sommer 2008 eingestiegen war und dessen alleine Geschäftsführung er im März übernommen hatte, wieder auf Tournee.

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