Marktforschungsunternehmen

Datensammler in der Offizin

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Berlin -

Die Verkaufszahlen von Apotheken sind für Hersteller eine entscheidende Größe. Mit den Analysen von Marktforschern werden Neueinführungen geplant und der Außendienst gesteuert. Wichtigste Lieferanten sind IMS Health und Insight Health. Die Firmen spielen ihre Auswertungen auch an die Apotheken zurück.

IMS wurde 1954 vom Werbemanager Bill Frohlich gegründet; die Abkürzung steht für Intercontinental Marketing Services. Drei Jahre später wurde unter dem Titel „Der pharmazeutische Markt“ die erste Studie über Apothekenumsätze in Westdeutschland veröffentlicht. Das Unternehmen wuchs schnell durch Zukäufe im In- und Ausland. 2010 nahmen die Großinvestoren TPG Capital und CPP Investment IMS für rund 5,8 Milliarden US-Dollar von der Börse.

Kurz vor der Jahrtausendwende stellte sich IMS bei den Analysen neu auf, um auch den GKV-Markt besser abbilden zu können: Fortan kaufte das Unternehmen Daten nicht nur bei Apotheken, sondern auch bei den Rechenzentren ein. Außerdem wurden die Gebiete neu verschlüsselt, in jedem Segment ist rechnerisch etwa ein Dutzend Apotheken zusammengefasst.

Mit mittlerweile 4000 Apotheken könnten Aussagen zur Steuerung des Außendienstes in einzelnen Gebieten getroffen werden, sagt Frank Weissenfeldt, der bei IMS für das Apothekenpanel verantwortlich ist. „Trotz rückgängiger Apothekenzahl halten wir das Panel auf gleichem Niveau.“ Für Kunden aus der Pharmaindustrie ist IMS mittlerweile weltweit auch als Beratungsfirma tätig. Heute beschäftigt IMS in Frankfurt rund 300 Mitarbeiter, weltweit sind es 15.000.

Auch Insight Health sammelt in Apotheken Daten für Hersteller; derzeit gibt es rund 4200 Apotheken im Panel. Der heute größte Konkurrent von IMS war 1999 durch einen ehemaligen Mitarbeiter gegründet worden: Der heutige Firmenchef Roland Lederer hatte von 1988 bis 1999 in Frankfurt gearbeitet. Bis ins vergangene Jahr hinein stritten die beiden Wettbewerber über vermeintlich adaptierte Methoden vor Gericht.

Zunächst unter dem Namen Pharmaintranet gegründet, firmiert das Unternehmen seit 2005 unter der heutigen Bezeichnung. Rund 200 Kunden werden von Insight Health mittlerweile mit Analysen beliefert. Die Daten zum Gesundheitsmarkt werden auch für die Versorgungsforschung genutzt, etwa von Hochschulen oder politischen und wissenschaftlichen Instituten.

Das Unternehmen mit Sitz im hessichen Waldems-Esch beschäftigt rund 80 Mitarbeiter und ist seit 2007 auch im Ausland aktiv. Ende 2014 wurde ein Standort in Wien eröffnet, knapp ein Jahr später kam eine Niederlassung in Baar in der Schweiz dazu.

Auch die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) erhebt Daten in Apotheken. Im Vordergrund stehen allerdings keine Verkaufsdaten, sondern Umfragen unter Mitarbeitern und Kunden, die an Hersteller, Agenturen und Verbände verkauft werden. „Apostad“ – eine Kommunikationsstatistik gibt es seit 1986: 300 Apotheken führen für das Nürnberger Unternehmen Tagebuch und berichten über Außendienst-Besuche, Werbematerialien oder die Schaufensterdekoration.

Seit 2009 führt GfK auch in Eigenregie Studien zur Stellung der Apotheken in 16 Top-Märkten durch. Gefragt wird etwa, was Apotheker und PTA empfehlen und was die Angestellten generell mögen. Für die Studien werden Apothekenmitarbeiter telefonisch befragt oder zu Einzel- beziehungsweise Gruppeninterviews eingeladen.

Außerdem werden Auftragsstudien angeboten. Die Kosten variieren: Das günstigste Jahreshonorar habe bei rund 950 Euro gelegen, sagt Walter Pechmann, der bei GfK den Bereich Consumer Health mit zwölf Mitarbeitern verantwortet. Die Studien könnten Hersteller aber auch einen siebenstelligen Betrag kosten. GfK ist in mehr als 50 Ländern aktiv, die Mehrzahl der Projekte ist in Deutschland angesiedelt.

Gegründet wurde das mittlerweile börsennotierte Unternehmen 1935 als Verein von mehreren Nürnberger Hochschullehrern, darunter der spätere Bundeskanzler Ludwig Erhard. 1984 wurde der Geschäftsbetrieb auf eigene Füße gestellt; der Verein ist nach wie vor größter Anteilseigner. Seit 1985 ist GfK auch für die Erhebung der TV-Einschaltquoten verantwortlich. Als Marktforschungsfirma sind die Nürnberger heute Marktführer in Deutschland vor TNS Infratest und Nielsen. Die Geschäftsbereiche Tiergesundheit und Pflanzenschutz wurden gerade verkauft.

Nielsen ist weltweit die Nummer 1 und gleichzeitig die älteste Marktforschungsfirma überhaupt. 1923 in den USA von Arthur C. Nielsen gegründet, wurde 1954 eine deutsche Niederlassung gegründet. Anfang der 1980er Jahre begann übrigens in Mailand der heutige Walgreens-Chef Stefano Pessina seine Karriere beim Marktforschungsunternehmen.

1984 wurde die Firma durch den Wirtschaftsdienst Dun & Bradstreet (D&B) übernommen, der sie zwölf Jahre aufspaltete. 1999 übernahm das ursprünglich niederländische Verlagshaus VNU (Hollywood Reporter, Billboard Magazine) die beiden Divisionen, führte sie wieder zusammen und benannte sich 2007 um. 2011 brachten die Investoren Nielsen an die Börse.

Mit Apotheken hat der Branchenprimus seit 2013 nichts mehr am Hut: IMS übernahm das Apothekengeschäft. Allerdings kommen von Nielsen nach wie vor wichtige Informationen für den Markt. So erhebt der Konzern etwa die Werbespendings der Pharmahersteller; auch für Produktgruppe wie Tierarzneimittel gibt es keinen anderen Ansprechpartner.

Umfragen zum Arzneimittelmarkt gibt es regelmäßig auch von anderen international führenden Anbietern wie Kantar Health oder YouGov. Auch Reader's Digest erhebt alljährlich das Vertrauen der Kunden in den Berufsstand. Die ABDA selbst hat Forsa unlängst zur Polymedikation beauftragt.

Auch die Apotheker selbst erheben Daten: Das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut (DAPI) erstellt für die ABDA Analysen zum GKV-Markt. Veröffentlicht werden alljährlich Zahlen zu den in Apotheken hergestellten Rezepturen. Essentiell sind auch die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen der Treuhand Hannover.

Am Institut für Handelsforschung (IfH) ist der Apothekerverband Nordrhein über seine Tochterfirma Norwima (Nordrheinische Gesellschaft für Wirtschaft und Marketing in Apotheken) beteiligt. Auch die Apothekergenossenschaft Noweda ist mit im Boot, genauso wie Rewe, Metro und Tengelmann E-Commerce. Seit 1929 bietet das IfH Informationen zu verschiedenen Bereichen an; seit mehr als 50 Jahren werden im sogenannten Apotheken-Benchmark regelmäßig Pharmazeuten befragt. Dem IfH vertrauen außerdem die Großhändler ganz exklusiv ihre Umsatzdaten an.

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