Franchise

Avie erhebt schwere Vorwürfe

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Der Streit um das Apotheken-Franchisekonzept Avie geht in die nächste Runde. Nachdem Anfang der Woche Fachmedien die im Markt kursierenden Gerüchte aufgegriffen hatten, denen zufolge 38 der insgesamt 54 Apotheken den Systemverbund verlassen wollen, ergriff Avie-Geschäftsführer Dr. Thomas Kerckhoff nun die Initiative: Man lasse juristisch prüfen, ob der frühere Avie-Geschäftsführer Joachim Birkle „vertragliche Strukturen geschaffen habe, mit denen die rechtlich gebotene wirtschaftliche Unabhängigkeit der betreffenden Apotheken unzulässig eingeschränkt werde“, erklärte Kerckhoff in einer Pressemitteilung.

Birkle hatte Avie gemeinsam mit dem saarländischen Unternehmer Edwin Kohl als Investor vor drei Jahren ins Leben gerufen. 2005 holte Kohl Kerckhoff, der bis dahin bei der schweizerischen Versandapotheke MediService und später beim Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) tätig war, an Bord. Fortan war Birkle für die Betreuung der Apotheken und Kerckhoff für die Entwicklung des Produktportfolios verantwortlich.

Doch möglicherweise war Birkle in doppelter Mission unterwegs: So sollen die 38 Apotheken, die jetzt den Verbund verlassen, beispielsweise nie einen Vertrag mit Avie unterzeichnet haben - anderenfalls wäre der konzertierte Weggang aufgrund bestimmter Vertragslaufzeiten wohl auch kaum möglich gewesen. Einigen Apotheken erließ Birkle Kerckhoff zufolge Gebühren, und schließlich soll der Unternehmer nicht Avie, sondern sich selbst den Zugriff auf bestimmte Mietflächen gesichert haben.

Doch Kerckhoffs Vorwürfe reichen über die des Vertrauensbruchs hinaus: „Seit der Trennung von unserem früheren Avie-Geschäftsführer Joachim Birkle stoßen wir vermehrt auf Hinweise, dass insgesamt 38 Apotheken aus dem Kreis der Avie-Partnerschaft nicht mehr in der Lage sind, in wirtschaftlichen Fragen eigenständig und unabhängig zu entscheiden“, so Kerckhoff in seiner Darstellung. Näheres wollte der Avie-Chef nicht verraten, doch er scheint gewillt, den öffentlichen Druck zurückzuspielen.

Birkle wollte gegenüber APOTHEKE ADHOC keine Stellung zu den Vorwürfen nehmen, um den öffentlich ausgetragenen Streit seinerseits nicht weiter anzuheizen. Nach Unstimmigkeiten mit Kerckhoff hatte Birkle bereits im Dezember 2006 seinen Posten als Geschäftsführer gekündigt; im Juli schied er auf „dringende Empfehlung“ der Wirtschaftsprüfer und Juristen von Avie durch den Verkauf seines 25-prozentigen Anteils an Kohl endgültig aus dem Unternehmen aus.

Doch offenbar zieht Birkle weiterhin Strippen: Mit einem Schreiben, das APOTHEKE ADHOC vorliegt, soll Birkles Firma Sympateam die scheidenden Avie-Apotheken Anfang November mit Argumenten für den Wechsel ausgestattet haben. Gegenüber Industrievertretern sollte demnach der Weggang mit dem nicht erreichten Mehrnutzen und Wachstum, der Kündigung entscheidender Leistungsträger sowie der kompletten Übernahme durch Kohl begründet werden. Den Apothekenkunden sollte für das erste Halbjahr 2008 der Eintritt in eine „stärkere Kooperation“ mit einem größeren Leistungsportfolio in Aussicht gestellt werden.

Gegenüber APOTHEKE ADHOC erklärte Birkle, er suche für die Apotheken „ein neues Zuhause“, plane aber selbst keine neue Kooperation. Birkle will stattdessen in Zukunft als Dienstleister für einen existierenden oder neuen Verbund arbeiten - diesmal allerdings ohne einen „übermächtigen Partner“. Mit seinem umfassenden Firmenkonstrukt und seinen zahlreichen Kontakten sollte ihm dies möglich sein; schließlich war Birkle bereits in der Vergangenheit nach Rückschlägen stets wieder auf die Füße gekommen.

Bei Avie hofft man, mit neuem Personal und einem überzeugenden Dienstleistungsportfolio die verbleibenden 16 Apotheken halten und weitere Franchise-Nehmer gewinnen zu können - und pocht auf die wirtschaftliche Eigenständigkeit und Unabhängigkeit als ein zentrales Kriterium für die Mitgliedschaft. Finanzier Kohl scheint jedenfalls gewillt zu sein, den eingeschlagenen - und oft kritisierten - Weg weiterzuverfolgen und eine mögliche Durststrecke zu überbrücken.

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