Griechenland

Apotheker und Großhändler müssen bluten

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Griechenland spart. Um die Auflagen der Euro-Staaten und des Internationalen Währungsfonds (IWF) für die Kredite von bis zu 110 Milliarden Euro zu erfüllen, wird auch bei Pharmaherstellern, Großhändlern und Apotheken der Rotstift angesetzt. In aller Eile hat die Regierung unter Ministerpräsident Georgios Papandreou Maßnahmen beschlossen. Ab heute gelten neue Medikamentenpreise.

Die Regierung hat die Arzneimittelpreise um ein Viertel gesenkt. Apotheker, Großhändler und Hersteller sind gleichermaßen betroffen. Medienberichten zufolge sollen so 1 Milliarde Euro eingespart werden - das sind 10 Prozent der Arzneimittelausgaben des vergangenen Jahres in Höhe von 9,5 Milliarden Euro.

Die ersten Hersteller drohen bereits mit einem Lieferstopp, internationale Pharmakonzerne haben die Schließung ihrer griechischen Niederlassungen angekündigt. Auch die rund 9300 griechischen Apotheker sind sauer, da ihre Marge ohne Übergangsregelung um 20 bis 27 Prozent gekürzt wurde. „Es ist unfair“, ärgert sich ein Pharmazeut auf Kreta. Er warnt zudem: Mit den niedrigen Medikamentenpreisen setze die Regierung die Versorgung der Bevölkerung aufs Spiel. „Patienten werden in den Apotheken bald keine Medikamente mehr bekommen: Die Regale werden leer sein“, so der Apotheker gegenüber APOTHEKE ADHOC.

Auch die 150 Großhändler fühlen sich von der Regierung überrollt und sehen ihre Existenz bedroht. Sie sind gleich doppelt von den Sparmaßnahmen betroffen: Die Großhandelsspanne sinkt gestaffelt nach Medikamentenpreisen ebenfalls um bis zu 27 Prozent. Zudem schließt die Regierung die bisherigen Vollsortimenter von hochpreisigen Medikamenten aus. Rund 90 Präparate ab 1000 Euro müssen sie aus ihrem Angebot nehmen.


Alleine der Lagerwertverlust betrage bis zu 30 Prozent, schätzt ein Großhändler. Die Höhe des Gesamtschadens sei „katastrophal“. Mit ihrem Vorschlag, die Marge für hochpreisige Medikamente auf 2 bis 3 Prozent zu senken, konnten sie sich in ihren Verhandlungen mit der Regierung nicht durchsetzen. „Wir wollen uns an den Sparmaßnahmen beteiligen. Doch sie dürfen nicht existenzbedrohend sein“, sagt ein Großhändler. Er verweist auf die vielen griechischen Inseln, die im internationalen Vergleich für höhere Kosten bei der Medikamentenbelieferung sorgten.

Zudem leiden die Großhändler unter dem branchenübergreifenden Liquiditätsengpass: Sie müssen die Herstellerrechnungen in maximal 30 Tagen begleichen, warten aber teilweise um mehr als sechs Monate auf ihre Außenstände, auch weil die Krankenkassen verspätet zahlen. Darlehen sind nur noch schwierig zu bekommen, denn die schlechten Bewertungen durch Rating-Agenturen haben die Zinsforderungen der Banken in die Höhe schnellen lassen.

Um die Finanzmärkte zu beruhigen, will die Regierung die Mehrwertsteuer auf 23 Prozent erhöhen. Auch Medikamente bleiben nicht verschont: Der ermäßigte Satz wurde bereits von 9 auf 10 Prozent angehoben; in dieser Woche soll eine weitere Erhöhung diskutiert werden. 21 Prozent werden schon heute auf Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika und Diät-Programme aufgeschlagen, der volle Satz ist im Gespräch. Ein Ende ist nicht in Sicht: Mittlerweile wird ein allgemeiner Mehrwertsteuersatz von 25 Prozent diskutiert.

Am kommenden Wochenende treffen sich die Großhändler in Athen. Sie hoffen, die Regierung zu einer Änderung der Sparmaßnahmen überreden zu können. Die Chancen stünden nicht schlecht: „Die Neuregelungen wurden eilig beschlossen“, so ein Beobachter. Allen Beteiligten sei klar, dass es Nachbesserungsbedarf gebe.

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