Gematik hat noch „viel Arbeit vor sich“

ePA: Ärzte begrüßen „sanften“ Start

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Berlin -

Ende April soll es nun doch bundesweit mit der elektronischen Patientenakte (ePA) losgehen, wie der scheidende Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) diese Woche in einem Brief an die Gematik verlauten ließ. Die Pflicht zur Nutzung für die Leistungserbringer startet voraussichtlich allerdings erst am 1. Oktober. Verschiedene Verbände und Institutionen begrüßen diesen zunächst freiwilligen Rollout.

Während der Deutsche Apothekerverband (DAV) von einer „einsamen Entscheidung“ aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) spricht, befürwortet auch er die freiwillige Rollout-Phase. Auch die Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) stimmt ein: Man habe sich „lange stark gemacht“ für diesen stufenweisen Start. „Die ePA hat das Potenzial, die Versorgung zu verbessern und Abläufe in den Praxen einfacher zu machen. Dazu müssen aber alle Voraussetzungen stimmen: Neben dem jetzt verkündeten Schließen der Sicherheitslücken ist das auch ein reibungsloses Funktionieren im Praxisalltag. Die ePA darf die Abläufe in den Praxen nicht ausbremsen“, so KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner.

Der „Soft-Start“ sei der richtige Weg. Praxen, die bereits ePA-ready seien, könnten nun loslegen. Wo die Technik noch nicht funktioniere, gebe es mehr Zeit, um sich vorzubereiten. „In diesem Zusammenhang ist es folgerichtig, dass die ePA erst ab 1. Oktober verpflichtend zu nutzen ist und Sanktionen zumindest in diesem Jahr nicht drohen werden“, so Steiner weiter.

Positiv sei auch, dass das BMG betont, dass durch das Befüllen der ePA das Kindeswohl nicht gefährdet werden darf. Leistungserbringende sollen hier eigenverantwortlich handeln dürfen.

Die Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Professor Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Markus Beier, weisen auf den bisher holprigen Start der ePA hin. Es brauche eine funktionierende ePA – „die bisherigen Erfahrungen aus den Testregionen waren jedoch bestenfalls gemischt. Vieles funktioniert technisch noch nicht. Dass die Probleme bis zum Start Ende April weitgehend ausgeräumt sind, erscheint nach den bisherigen Erfahrungen der Praxen mehr als fraglich.“

Man rechne daher nicht mit „einem fulminanten Start“. Es brauche zudem eine realistische Kommunikation – auch hinsichtlich der noch überschaubaren Funktionalitäten. Ab der Pflicht zur Befüllung dürfe „es dann keinerlei Entschuldigungen mehr geben. Dann muss die ePA ohne Wenn und Aber tadellos laufen. Hier haben die Gematik und die Hersteller noch viel Arbeit vor sich.“

Ebenso wie Test-Apotheker Kai-Peter Siemsen vermissen auch die Hausärzt:innen eine adäquate Aufklärung der Versicherten durch die Kassen. „Statt aktiv zu informieren, haben sich die allermeisten bisher darauf beschränkt, ein halbherziges Schreiben an ihre Versicherten zu versenden, in dem sie das Blaue vom Himmel versprechen und es ansonsten der Ärzteschaft überlassen, die Patientinnen und Patienten zu informieren. Das ist Arbeitsverweigerung auf dem Rücken der Praxen!“ Man hoffe, dass die Kassen „noch aufwachen und eine echte und ehrliche Aufklärungskampagne starten“.

Kritische Töne zum stufenweisen Roll-out gibt es unter anderem von der AOK Rheinland/Hamburg. Vorstandsvorsitzender Günter Wältermann kritisiert: „Statt die Entwicklung zu beschleunigen, wird die Einführung der ePA mit der monatelangen Freiwilligkeit für Leistungserbringer weiter ausgebremst. Dabei müssten wir im Vergleich zu anderen Ländern aufholen und auf das Gaspedal drücken.“ Die Krankenkassen hätten hingegen abgeliefert und ihren Teil erfüllt. „Wir sind in Vorleistung gegangen, die Politik muss jetzt nachziehen.“

Dass die ePA überhaupt in die Fläche geht, lehnt die Freie Ärzteschaft weiterhin ab: „Es grenzt an eine Falschdarstellung, wenn jetzt behauptet wird, die Sicherheitslücken, die beim Kongress des Chaos Computer Clubs im Dezember aufgedeckt wurden, seien beseitigt“, so Dr. Silke Lüder, stellvertretende Vorsitzende des Vereins. Die demonstrierten Sicherheitsmängel bestünden fort, heißt es in ihrer Stellungnahme.

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