Antrag rechtzeitg gestellt

HBA-Chaos bei Ärzten: „Seit Sommer keine E-Rezepte“

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Berlin -

Im Rahmen eines Massentauschs müssen bis zum Jahresende etwa 72.000 elektronische Heilberufsausweise (eHBA) und SMC-B-Karten getauscht werden. Das führt aktuell zu Chaos in den Apotheken, vor allem wenn sie Kunden bei Medisign sind. Aber auch etliche Arztpraxen sind betroffen: „Wir kämpfen seit geraumer Zeit mit den Tücken der Telematikinfrastruktur bei der Einführung von eAU und E-Rezept“, berichtet eine Ärztin. „Ein Kollege von mir kann seit Sommer keine E-Rezepte ausstellen.“

Vieles sei fehlerhaft, unausgegoren und koste dadurch Zeit, so die Medizinerin. „Die hat beim grassierenden Ärztemangel aber keiner.“ Durch den Mangel an ärztlichen und psychologischen Behandler:innen sei das Arbeitsaufkommen, insbesondere in ländlichen Regionen, sehr hoch. „Die Telematik- und anderen digitalen Kinderkrankheiten stellen eine grosse zusätzliche Belastung im Arbeitsalltag dar. Das gilt natürlich auch für die Apotheken“, so die Ärztin.

Was sie ärgert, ist die Tatsache, dass die Leistungserbringer die Sache ausbaden müssen: „Ganz nebenbei ist die Aufgabe von Ärzt:innen und Psycholog:innen nämlich auch noch die Behandlung der Patientinnen und Patienten.“ Es sei ein „Ungemach mit den eHBA“, betont sie. „Teils werden diese seit fünf Monaten nicht ausgeliefert.“ Ein Ende des Dilemmas sei nicht in Aussicht.

KV rät zu anderem Anbieter

Sie selbst sei „noch“ nicht betroffen. „Ich wurde lediglich von Medisign aufgefordert, vorzeitig den eHBA neu zu beantragen“, sagt sie. „Ich habe den Antrag erst vor zwei Wochen gestellt, das ist noch keine lange Zeit“, stellt sie klar. Aber: „Von der KV wurde, neben der Forderung nach Fristverlängerung, empfohlen, nach alternativen Anbietern zu suchen“, so die Ärztin.

„Medisign habe offenbar technische Probleme bei der Umsetzung von Vorgaben. Diese müssen ab 01.01.2026 erfüllt sein“, erklärt sie. „Die KV geht wohl nicht davon aus, dass diese bis zum Jahresende gelöst werden können.“ Was ohne Fristverlängerung im neuen Jahr nicht mehr gehe, könne sie nocht gar nicht absehen, so die Ärztin. Inzwischen hat die Gematik hier eingelenkt und eine Fristverlängerung ermöglicht.

Arzt seit Sommer ohne HBA

„Von einem Kollegen weiß ich, dass er im Mai fristgerecht die Erneuerung seines eHBA beantragt hat. Die Bearbeitungszeit wurde mit zehn Tagen angegeben“, erklärt sie. „Den Ausweis hat er nicht erhalten. Er kann seit Ende Juli 2025, dem Ablaufdatum seines bisherigen eHBA, weder E-Rezepte, noch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen.“ Wie er ihr mitteilte, habe er bei Medisign nachgefragt: „Ihm wurde die Zusendung erneut innerhalb von zehn Tagen zugesichert.“

Den neuen Ausweis habe er aber bis heute nicht, so die Ärztin. „Der Praxisbetrieb ist durch die Situation definitiv beeinträchtigt“, stellt sie klar. Mehr noch: „Er hat sich nun entschieden, den Anbieter zu wechseln und musste das ganze Antragsprocedere neu durchlaufen. Das ist ein nicht unerheblicher Aufwand“, schildert sie.

Tausch läuft planmäßig

Anbieter Medisign erklärt: „Alle eHBA der Kartengeneration 2.0, die ausschließlich das Verschlüsselungsverfahren RSA nutzen, sind ab 1. Januar 2026 nicht mehr einsetzbar und müssen bis Ende 2025 ausgetauscht werden – unabhängig von der Kartenlaufzeit.“

Erst im Oktober hieß es: „Wir gehen weiterhin davon aus, den Kartentausch planmäßig bis Ende dieses Jahres abzuschließen.“ Denn: „Ab Kalenderwoche 42 rechnen wir mit einem durchschnittlichen Abruf von rund 8600 Tauschkarten pro Woche, was einer Produktion von etwa 1430 eHBA pro Tag bei einer Sechs-Tage-Woche entspricht. Unsere Produktionskapazität liegt deutlich höher: bei bis zu 2640 eHBA pro Tag“, so das Unternehmen.

Medisign bittet um Entschuldigung

Geschäftsführer Armin Flender erklärt in einem Statement auf der Homepage: „Aufgrund der Systemumstellung, des Sondertauschs und der aktuellen Berichterstattung kommt es derzeit zu einem sehr großen Aufkommen an telefonischen und schriftlichen Kundenanfragen. Dies führt bedauerlicherweise zu ungewöhnlich langen Wartezeiten in unserem Kundencenter.“

Für die entstandenen Unannehmlichkeiten und Lieferverzögerungen bittet er um Entschuldigung. „Das gesamte Medisign-Team tut gerade alles dafür, um möglichst bald wieder die gewohnte Service-Qualität bieten zu können.“

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