Apotheker betont Versorgungs- und Schutzpflichten

E-Rezept-Ausfälle: Inhaber schreibt Protestbrief an Gerlach

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Berlin -

Immer mehr Apothekerinnen und Apotheker gehen wegen der regelmäßigen Störungen beim E-Rezept auf die Barrikaden. Jetzt erhielt die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) einen Protestbrief von einem Inhaber. Er fordert darin einen „gesetzlich verbindlichen Fallback-Mechanismus“ bei Ausfällen und erinnert die Politikerin an Versorgungs- und Schutzpflichten.

Florian Sedlmeier betreibt zwei Apotheken in Bayern und hat genug von den E-Rezept-Ausfällen. Der Inhaber der St. Martins-Apotheke in Ampfing schrieb an Gerlach und forderte sie auf, „umgehend einen gesetzlich verbindlichen Fallback-Mechanismus zu schaffen, der in allen Arztpraxen und Apotheken ohne Verzögerung funktioniert, sobald das E-Rezept nicht verfügbar ist“.

Regelmäßige Tests gefordert

Zudem sollte das Ministerium die Funktionsfähigkeit dieses Mechanismus regelmäßig testen und dokumentieren. Die Systemstabilität des E-Rezepts müsse nachweislich so erhöht werden, dass Ausfälle auf ein Minimum reduziert würden, sagt er. Außerdem solle geprüft werden, ob die aktuelle Ausgestaltung mit den Schutzpflichten des Staates laut Grundgesetz vereinbar sei.

Der Apotheker verweist in dem Schreiben darauf, dass „die derzeitige technische und organisatorische Umsetzung des E-Rezepts in Deutschland nicht hinreichend vor Systemausfällen schützt und damit die kontinuierliche Versorgung mit lebensnotwendigen Medikamenten gefährdet“. Das derzeitige Notfallverfahren – Muster-16-Papierrezept – werde in der Praxis aufgrund organisatorischer und technischer Hürden nicht in allen Fällen rechtzeitig umgesetzt.

Aus dem Grundgesetz ergebe sich eine staatliche Schutzpflicht, die den Gesetzgeber verpflichte, Gefahren für diese Rechtsgüter nicht nur zu unterlassen, sondern aktiv zu verhindern. „Eine technische Infrastruktur, die vorhersehbar ausfallen kann, ohne einen jederzeit sofort funktionierenden Ersatzmechanismus, steht im Widerspruch zu dieser Pflicht.“

Apotheker verweist auf Amtshaftung

Führe ein „Organisationsmangel“ dazu, dass Patientinnen und Patienten nicht rechtzeitig notwendige Medikamente erhalten, könne dies ein „Organisationsverschulden“ darstellen, heißt es weiter. „Grundsätzlich kann daraus auch eine Amtshaftung nach Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB resultieren, wenn staatliche Stellen schuldhaft gegen ihre Pflichten verstoßen.“ Auch wenn das Parlament als Gesetzgeber weitgehend von individueller Haftung freigestellt sei, bleibe der Staat insgesamt rechtsverantwortlich.

Sedlmeier betont, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen generell sinnvoll und zukunftsweisend sei. Allerdings dürfe „niemals die Sicherheit und Kontinuität der Patientenversorgung“ gefährdet sein. „Jeder Tag, an dem ein Ausfall unzureichend abgesichert ist, erhöht das Risiko vermeidbarer Gesundheitsschäden – mit möglichen verfassungsrechtlichen Konsequenzen. Hier hilft es auch nicht, wie in anderen Bereichen mit der Devise ‚Fortschritt benötigt Agilität‘ voranzuschreiten, da die Stabilität des Systems E-Rezept Grundvoraussetzung für eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung ist.“

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