„Angepasste Impfkampagne“ im Herbst

Impfen ohne Impfzentren: Was kommt auf die Apotheken zu?

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Berlin -

Mit einer „angepassten Impfkampagne“ will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in den Herbst gehen. Was das heißt – unklar. Die Impfzentren, die bislang die Hälfte aller Impfungen verabreicht haben, sind vielerorts geschlossen. Einige Bundesländer wollen auch im Herbst darauf verzichten und lieber auf die etablierten Strukturen in Arztpraxen und Apotheken setzen. Ein Überblick.

Rheinland-Pfalz: Impfbusse und Impfzentren

„Bis zur Schließung der Impfzentren zum 30. September 2021 gab es 32 Impfzentren. Davon blieben neun Impfzentren im Stand-by-Betrieb, um bei Bedarf wieder schnell geöffnet zu werden. Dies erfolgte bereits Mitte November 2021, also nur kurze Zeit später“, erläutert ein Sprecher des Ministeriums für Wirtschaft und Gesundheit. „Zudem wurden weitere Impfstellen wieder in Betrieb genommen, so dass aktuell 19 Impfzentren geöffnet haben. Ebenfalls befinden sich sechs Impfbusse für niedrigschwellige und aufsuchende Impfangebote im Einsatz.“ Im Herbst will das Land den eventuell steigenden Bedarf mit dem jetzigen Aufkommen decken. Um eine eventuell ansteigende Impfbereitschaft abzuarbeiten, könnten hier die Öffnungszeiten ausgedehnt werden.

Sollte es zur Integration der Test- in die Impfzentren kommen, so würden sich Probleme bei der Kostenaufstellung ergeben: „Es liegen für den Betrieb von Test- beziehungsweise Impfzentren unterschiedliche Vorschriften zugrunde. Ebenfalls müssen die Kosten getrennt voneinander erfasst werden. Da es inzwischen genügend Möglichkeiten sich in Apotheken oder eigenen Testzentren auf Covid-19 testen zu lassen gibt, bedarf es hierzu derzeit nicht noch zusätzlicher Testmöglichkeiten in den Räumlichkeiten der Impfzentren.“

Schleswig-Holstein: Impfstellen ab Juli

Schleswig-Holstein hält bis Ende des Jahres ein flächendeckendes Angebot für Impfungen vor. Über niedergelassene Ärzte, Apotheker und andere Stellen hinaus soll dazu ab Juli in jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt eine Impfstelle beitragen, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Bei Bedarf könnten die Kapazitäten erhöht werden. Auch die 15 mobilen Teams sollen einsatzbereit bleiben.

Die künftigen Standorte der Impfstellen befinden sich in Kiel, Lübeck, Flensburg und Neumünster, in den Kreisstädten Heide (Dithmarschen), Husum (Nordfriesland), Eutin (Ostholstein), Itzehoe (Kreis Steinburg) und Bad Oldesloe (Kreis Stormarn) sowie in Prisdorf für den Kreis Pinneberg, in Preetz für den Kreis Plön, in Büdelsdorf für Rendsburg-Eckernförde, in Kropp für Schleswig-Flensburg, in Schwarzenbek für den Kreis Herzogtum Lauenburg und in Kaltenkirchen für den Kreis Segeberg.

„Auch in der Zukunft ist ein wirksamer Impfschutz weiterhin entscheidend, um gut und sicher durch den Sommer mit erhöhter Reisetätigkeit, aber auch durch Herbst und Winter zu kommen und unseren eingeschlagenen Weg in die Normalität abzusichern“, erklärte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP). Die Impfungen schützten wirksam. „Prüfen Sie jetzt Ihren Impfstatus und lassen Sie sich auffrischen, um gerade in der Reisezeit im Sommer sowie im Herbst und Winter gut geschützt zu sein!“, appellierte Garg.

Sachsen: Impfzentren im Sommerbetrieb – mit fest gebundenem Personal

In Sachsen ist das staatliche Impfangebot lediglich als Zusatzangebot zur Regelversorgung in Arztpraxen, bei Betriebsärzten und Krankenhäusern zu verstehen, teilt das Sozialministerium mit. „Der Großteil der Impfungen in Sachsen wird in Arztpraxen verabreicht (ca. 80 Prozent). Zuletzt haben sich durchgängig circa 20 Prozent der Impfwilligen in staatlichen Impfzentren immunisieren lassen. Sachsen wird gemäß Kabinettsbeschluss vom März über das gesamte Jahr 2022 ein zusätzliches staatliches Basis-Impfangebot unterbreiten, um eine bestmögliche Verfügbarkeit sicherzustellen.“

„Die sächsischen Impfzentren befinden sich bis September im Sommerbetrieb. Das bedeutet konkret, dass sich deren Zahl von 25 Impfstellen (Stand Mai 2022) seit 1. Juni auf 13 Impfstellen reduziert hat. Im März 2022 waren es 64 staatliche Impfstellen und zusätzlich circa 19 kommunale Impfstellen (die in der Verantwortung der Kommune lagen, aber durch den Freistaat finanziell unterstützt wurden). Zu Beginn der Impfkampagne gab es ein staatliches Impfzentrum je Landkreis/Kreisfreier Stadt.“

Mit dem jetzigen Sommerbetrieb blieben eine durchgängige Basisstruktur mit einer staatlichen Impfstelle je Landkreis und kreisfreier Stadt erhalten. „Diese 13 staatlichen Standorte sind vier Öffnungstage am Netz. Vom 18. bis 31. Juli 2022 bleiben die Impfzentren geschlossen. Sie verfügen allesamt über eine gute Verkehrsanbindung und sind so konzipiert, dass für den Herbstbetrieb von Oktober bis Dezember das ärztliche Personal gegenüber der aktuellen Besetzung vervierfacht werden kann. Zur Steigerung der Impfkapazität könnten an wechselnden Standorten bei Bedarf ergänzend auch mobile Teams eingesetzt werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass bei Bedarf ab Herbst auch die Kommunen sich wieder am Impfen beteiligen.“

Das benötigte Personal und auch zusätzliche Helfer:innen werden dabei einerseits über die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen bestellt, andererseits wurde das DRK durch den Freistaat Sachsen unter anderem mit dem Betrieb der Impfzentren, Logistik und weiteren Aufgaben beauftragt. „Das nötige Verwaltungspersonal beim DRK und KVS wurde langfristig bis Jahresende gebunden, um den Grundbetrieb zu sichern.“ Zur Frage nach möglichen Testangeboten in Impfzentren kann das Land aktuell keine Aussage treffen.

Sachsen-Anhalt: Vorrang für Arztpraxen

In Sachsen-Anhalt wird das Impfangebot derzeit vorrangig von der niedergelassenen Ärzteschaft vorgehalten, teilt das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Sachsen-Anhalt mit. „Die Tätigkeit der Impfstellen wird aktuell auf einem niedrigen Niveau aufrechterhalten. Für die Organisation in den Impfstellen sind die Landkreise und kreisfreien Städte verantwortlich. Sie kennen die Bedarfe vor Ort und planen entsprechend, so dass nicht unnötig Infrastrukturen aufrecht erhalten bleiben, allerdings bei steigendem Bedarf aber auch wieder ausgebaut werden können.“ Sollte es die Pandemie-Lage im Herbst wieder erforderlich machen, könne der Betrieb der Impfzentren wieder hochgefahren werden.

Hessen: Kommunen in der Pflicht

Ob und wie Hessen ab Herbst das Impfangebot gegebenenfalls wieder hoch fahren wird, ist nicht ganz klar. Das Land unterhält ebenfalls seit 30. September 2021 keine eigenen Impfzentren mehr. „Impfungen werden seitdem von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten oder durch den ÖGD durchgeführt. Die Kommunen in Hessen haben ganz unterschiedliche Modelle gewählt, wie sie ihre Impfstellen betreiben – beispielsweise wird häufig in einem kaskadierenden Verfahren das Impfen an Hilfsorganisationen (etwa das DRK) ausgelagert“, teilt eine Ministeriumssprecherin mit.

Saarland: Drei Standorte reichen

„Im Saarland gibt es aktuell noch zwei aktive Impfzentren. Ein weiteres befindet sich im Stand-By-Betrieb und kann bei Bedarf erneut geöffnet werden“, teilt das Ministerium mit. Erst vor wenigen Tagen eröffnete das Impfzentrum Ost im ehemaligen Kaufhausgebäude in der Neunkircher Innenstadt. Durch den Umzug sei eine bessere Lage mit optimierter Erreichbarkeit und flexibler Ausbaumöglichkeiten bei steigender Impfnachfrage sichergestellt.

„Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre müssen wir damit rechnen, dass durch höhere Fallzahlen und neue Impfempfehlungen im Herbst oder Winter auch die Impfnachfrage deutlich steigen wird. Der neue Standort des Impfzentrums Neunkirchen bietet uns die Möglichkeit, das Zentrum bei Bedarf flexibel vergrößern zu können, und ist für viele Bürger:innen mit dem ÖPNV deutlich besser zu erreichen. Zusätzlich halten wir das Impfzentrum Saarbrücken im Standby-Modus vor, das wir kurzfristig reaktivieren könnten. Damit sind wir in Bezug auf die Impfinfrastruktur bestmöglich auf den Herbst und eine mögliche neue Welle vorbereitet“, so Gesundheitsminister Dr. Magnus Jung.

Baden-Württemberg: Eigene Rechtsverhältnisse

Auch in Baden-Württemberg wurde die Impfinfrastruktur aufgrund des rückläufigen Bedarfs nach Corona-Impfungen an die Nachfrage angepasst, teilt das Ministerium mit. „Der Bestand an Impfangeboten wurde im April 2022 zurückgefahren mit dem Ergebnis, dass seit Anfang Mai in allen 44 Stadt- und Landkreisen in der Regel bis zu eine Impfeinheit und ein Impfstützpunkt betrieben, gegebenenfalls vorgehalten werden können. Aufgrund der weiterhin geringen Nachfrage sind die Kreise nicht verpflichtet, die Impfeinheiten aktiv einzusetzen oder vorzuhalten, müssen solche aber im Bedarfsfall kurzfristig aktivieren können. Stand 12. Mai geht das Sozialministerium von 35 aktiven Impfeinheiten in 33 Impfstützpunkte aus. Im Land Baden-Württemberg wurden in der Spitze gleichzeitig 59 Impfzentren betrieben.“

Sollte eine erneute Öffnung der ursprünglichen Impfzentren aufgrund steigender Infektionszahlen nötig werden, so behält sich Baden-Württemberg vor, die Impfkapazitäten der impfenden Leistungserbringer vor Ort, wie insbesondere der niedergelassenen Ärzteschaft zu berücksichtigen. „Die Festlegung auf eine konkrete Zahl an Impfeinheiten oder Impfstützpunkten für Herbst ist vor diesem Hintergrund gegenwärtig nicht zielführend“, erläutert das Ministerium. Im Herbst soll sich das Impfkonzept des Landes also am tatsächlichen zusätzlichen Bedarf orientieren.

Beim Thema Personal setzt Baden-Württemberg auf klar definierte Vorgaben: „Für die Bereitstellung medizinischen Fachpersonals hat das Land eigene Rechtsverhältnisse begründet. Um sicherzustellen, dass ortsunabhängig ausreichend medizinisches Personal zur Verfügung steht, kann der Personaleinsatz daher auch über einen Personaldienstleister des Landes, in Baden-Württemberg tätige Hilfsorganisationen oder mit Abrechnung durch die KV BW erfolgen. Eine Zusammenarbeit ist seitens des Landes bislang auch für den Herbst vorgesehen.

Eine Integration Von Test- in Impfzentren sei möglich. „Impfzentren und Testzentren sind derzeit unterschiedlich geregelt. Strukturen der Impfzentren konnten in der Vergangenheit als Testzentren genutzt werden, wenn Trennung von Gefahren- und Risikobereichen zwischen Impf-und Testnutzung gewährleistet war, eine klare Abgrenzung zwischen den Impfzeiten und den Testzeiten gegeben und dieses bei der Rechnungsstellung gegenüber dem Land abgebildet war.“

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