Seit ihrem Amtseintritt hat Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) ein Versprechen an die Leistungserbringer immer wieder wiederholt: Sie wolle einen „Dialog auf Augenhöhe“ führen. Es brauche Offenheit für andere Meinungen, um am Ende gute Regelungen zu finden, die nicht nur den Patienten, sondern auch den Leistungserbringern helfen würden. Was die Apothekenreform angeht, ist davon aber gar nichts zu sehen. Ein Kommentar von Lilith Teusch.
„Um die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen, werden wir mit allen Beteiligten in den Austausch gehen.“ Das hatte Warken bei der Amtsübergabe versprochen. „Ihre Stimme ist klar wahrnehmbar in der gesundheitspolitischen Landschaft“, versicherte sie später beim Deutschen Apothekertag (DAT). Die Abda sei in der Verantwortung, die Politik daran zu erinnern, was für die Apotheke zu tun ist. „Lassen Sie uns in den nächsten Jahren einen offenen Dialog führen.“ Der gemeinsame Austausch sei unverzichtbar. „Ich möchte etwas erreichen für die Apotheker:innen und mit Ihnen zusammen.“
Vor Kurzem erklärte Warken nach Apothekenbesuchen in ihrer Heimat Baden-Württemberg erneut, man sei zur konkreten Ausgestaltung der Vorhaben in einem „konstruktiven Dialog“.
Tatsächlich verhärtet sich der Eindruck, dass die Kritik, Forderungen und Sorgen der Apothekerschaft völlig ins Leere laufen, während Warken mit ihren Reformvorhaben voranprescht. Und das in Rekordzeit: Das Kabinett soll den Referentenentwurf bereits im Dezember abnicken, Bundestag beziehungsweise Bundesrat sollen im Januar grünes Licht geben.
Schon auf dem DAT hatte die Ministerin die Kritik der Apothekerschaft nur schwach nickend entgegengenommen. Ein Umdenken in ihrer Strategie ist jedenfalls nicht erkennbar. Weder hat sie – trotz der eigentlich guten Basis durch das Cannabis-Versandverbot – eine Prüfung der Einschränkung des Rx-Versands zugesagt, noch die Sorge der Apothekerschaft wegen der PTA-Vertretung berücksichtigt. Auch die versprochene Erhöhung des Fixums steht nur „auf Wiedervorlage“.
Für einen Dialog reicht es eben nicht, der anderen Partei auf Veranstaltungen oder Besuchen müde zuzuhören, um dann gekonnt alles Gesagte zu ignorieren und die eigene Linie trotz aller Kritik einfach durchzuziehen. Ganz nach dem Vorbild des Vorgängers übrigens – und trotz des von der CDU doch so groß angekündigten Wechsels im Politikstil.
Statt eines echten Austauschs – der tatsächlich in irgendeiner Form auch einen Effekt auf den Gesetzgebungsprozess hätte – und einem Miteinanderarbeiten stülpt die Ministerin genau wie Karl Lauterbach (SPD) ihre Vorstellungen der Apothekenbranche einfach über. Und nicht nur im Politikstil hat sich Warken an Lauterbach wohl ein Beispiel genommen, auch bei den Maßnahmen selbst hat sie sich offensichtlich an der Vorlage ihres Vorgängers orientiert. Ganz nach dem Motto: Im Ministerium kann man die Situation eben immer noch besser einschätzen, als es die Menschen aus der Praxis können.
Die Ironie dieses angeblichen Dialogs kulminiert in der kommende Woche angesetzten Verbändeanhörung: Dazu hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) knapp 100 Verbände eingeladen und stolze zwei Stunden Zeit angesetzt. Pro Verband bedeutet dies rechnerisch etwas über einer Minute Redezeit. Dabei wird es nicht einmal nur um die Apotheken gehen: Denn neben Interessenvertretern aus der Berufspraxis sollen auch eine Reihe von Industrieverbänden, wie der Kunststoffrohrverband oder der Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie, dabei sein. Die Vertreter seien geladen, weil mit dem Gesetzespaket auch ein Paragraphen zur Trinkwasserverordnung im Infektionsschutzgesetz geändert werden soll, erklärt das BMG auf Anfrage.
Ohne tatsächliche Konsequenzen für die Reform sind das alles keine Dialoge, sondern bleiben reine Alibiveranstaltungen.
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