Vorfristige Zahlung

Was bringt die Skonto-Regelung?

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Berlin -

Mit der angekündigten Apothekenreform sollen auch wieder Skonti eingeführt werden – allerdings mit Einschränkungen. Gerade für kleinere, kapitalschwächere Betriebe dürfte dies keine großen Gewinnsprünge bedeuten. Denn das Bundesgesundheitsministerium (BMG) macht die vorfristige Zahlung zur Voraussetzung.

In § 2 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) soll nach der Regelung zu den Großhandelszuschlägen für Fertigarzneimittel eine Ausnahme eingefügt werden: „Abweichend von Satz 1 ist die Gewährung von handelsüblichen Skonti auch dann zulässig, wenn hierdurch der bei der Abgabe eines Fertigarzneimittels erhobene Preis niedriger ist als die Summe des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers, des in Satz 1, 1. Halbsatz genannten Festzuschlags und des in Satz 1, 2. Halbsatz zusätzlichen Zuschlags und der Umsatzsteuer.“

Dadurch sollen Großhändler neben dem Zuschlag von bis zu 3,15 Prozent weitere Skonti gewähren können. „Zulässig sind dabei ausschließlich handelsübliche Skonti, die als Gegenleistung für eine vor Fälligkeit geleistete Zahlung gewährt werden (echte Skonti). Nicht erfasst sind Preisnachlässe, die bei vertragsgemäßer Zahlung erfolgen (unechte Skonti); diese bleiben nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unzulässig“, heißt es zur Begründung.

Wettbewerb um Apotheken

Großhändler treten laut BMG nicht nur über den relativen Anteil ihrer Vergütung oder Lieferkonditionen in einen Wettbewerb um Apotheken, sondern auch durch die Gewährung von Preisnachlässen in Form von Skonti. „Durch die Regelung wird dieser handelsübliche Wettbewerb in einem klar abgegrenzten Rahmen wieder ermöglicht. Skonti dieser Art sind im Großhandelsverkehr üblich und können zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Apotheken beitragen, ohne die Preisbindung zu unterlaufen.“ Die Anforderungen an die bedarfsgerechte und kontinuierliche Belieferung durch vollversorgende Großhändler blieben unberührt.

Das BMG orientiert sich damit an einem Vorschlag des Großhandelsverbands Phagro. Der hatte für die Neuregelung zwei Bedingungen gestellt: „Als Gegenleistung für die Vorfristigkeit der Zahlung und unter Berücksichtigung eines angemessenen Zinsniveaus.“

Laut einer Phagro-Studie hat der Großhandel im vergangenen Jahr rund 4,42 Milliarden Euro vorfinanziert. Seit dem Ende der Niedrigzinsphase vor einigen Jahren werden hier wieder erhebliche Finanzierungskosten fällig. Wenn Apotheken schneller bezahlen, könnten am Ende auch Großhändler, die Skonti gewähren, profitieren, so die Überlegung. Denn billiger dürfte es das Geld bei der Bank derzeit kaum geben.

Apotheken als Verlierer?

Vor allem große Apotheken und -verbünde hatten nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) an Gewinn verloren. Strukturpolitisch sei die Entscheidung in Karlsruhe gut gewesen, heißt es in Großhandelskreisen. „Die Schere war weit auseinander und ist dadurch zusammengegangen.“ Laut Berechnungen der Treuhand Hannover ist der durchschnittliche Rohertrag pro Packung in den Apotheken nach dem BGH-Urteil von rund 9,93 auf 9,48 Euro eingebrochen – über mehrere Monate betrachtet ist er von rund 9,90 auf 9,50 Euro gesunken.

Die Neuregelung sieht der Generalbevollmächtigte Dr. Sebastian Schwintek skeptisch: Abgesehen davon, dass die Margen auch im Großhandel gering seien und durch politische Entwicklungen weiter unter Druck geraten könnten, sieht er Chancen vor allem für umsatz- und verhandlungsstarke Apotheken. Denn viele kleinere Apotheken hätten gar nicht die Liquidität, um sich auf frühere Zahlungsziele wie Dekadenzahlungen einzulassen. Oft gebe es dann auch gar kein Druckmittel für Verhandlungen; vielmehr müsse man sich darauf einstellen, dass versucht werde, das Geld über neue Gebühren und Ausschlüsse zurückzuholen.

Doch auch im Großhandel sieht man nicht mehr viel Luft: Aktuell würden bereits 40 Prozent des Umsatzes über vorfristige Zahlung getätigt, schätzt ein Branchenkenner. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass noch viel on top kommen wird. Dazu ist die Marge zu gering.“ Einen großen Effekt würden die angekündigten Reformpläne nicht haben, erwartet er. Denn die Pharmagroßhandlungen seien längst „durchrationalisiert“.

Dazu komme, dass nach dem Skonto-Urteil bereits sehr viel über gestrichene Gebühren beziehungsweise Pauschalen ausgeglichen worden sei. „Wir haben sehr viel kompensiert.“ Außerdem komme auf den Großhandel mit der nächsten Anhebung des Mindestlohns ein weiterer Kostenanstieg zu. „Das bedeutet einen echten Aderlass.“

Vorteile von Vorkasse

Auch in Beraterkreisen werden die Pläne des BMG kritisch betrachtet. Vorfristige Zahlung helfe nur kapitalkräftigen Apotheken. „Dort wo große Einkaufsvolumen zusammenkommen, kann das interessant sein. Eine kleine Apotheke hat davon nicht viel“, sagt ein Apothekenberater. „Die Großhändler wollen jetzt zunächst abwarten und schauen, was tatsächlich passiert. Vor dem Frühjahr wird sich da nichts tun. Die spielen auf Zeit.“

Die vorfristige Zahlung helfe den Großhändlern, den Einkauf vorzufinanzieren. „Die kleinen Apotheken oder die Sanierungskunden dürfen froh sein, wenn sie beliefert werden.“ Gerade den großen Lieferanten liege viel daran, ihr Ausfallrisiko zu minimieren. Das sogenannte Obligo-Limit, also die ausgehandelte Zahlungsverpflichtung, werde streng kontrolliert. Sei es überschritten, drohe vielen Kunden eine Liefersperre. „Die individuellen Regelungen mit regionalen Vertriebsleitern fallen immer weiter weg und es wird zentral entschieden.“

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