Der Großhandelsverband Phagro kritisiert die geplante Wiederzulassung von Rx-Skonti, denn profitieren würden nur große Apotheken. Stattdessen müsse endlich das Apothekenhonorar angehoben werden. Zumindest wird eine Klarstellung gefordert, dass eine vorfristige Zahlung die Bedingung ist.
Die geplante Zulassung von Rx-Skonti ist laut Phagro „unverhältnismäßig und unterminiert den Gedanken einer Mindestvergütung für den vollversorgenden pharmazeutischen Großhandel in Erfüllung seines gesetzlichen Versorgungsauftrages“. Vor allem aber sei sie „schlechthin ungeeignet, eine notwendige Rahmenbedingung für eine bessere Arzneimittelversorgung durch Apotheken in der Fläche zu sein, weil eine solche Regelung die Leistungsfähigkeit des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels und damit das Versorgungsniveau der Apotheken gefährdet“.
Denn mit einem ruinösen Preiswettbewerb erodiere das flächendeckende Netz von hersteller- und sortimentsneutral agierenden Großhandlungen, die allein die kurzfristige und bedarfsgerechte Belieferung ihrer Apothekenkunden mit allen von diesen nachgefragten Arzneimitteln gewährleisteten. „Wir weisen darauf hin, dass ein Wettbewerb um ‚Skonti‘ oder sonstige Vergünstigungen erfahrungsgemäß alleinig nachfragegesteuert wirkt und somit in keiner Weise zur Versorgungsverbesserung in der Fläche beiträgt. Im Gegenteil: Profitieren dürften primär die jetzt schon umsatz-, nachfrage- und verhandlungsstarke Apotheken.“
Der Großhandel habe sich immer offen für eine „ausgewogene Regelung der Skontofrage“ gezeigt, die nicht einseitig zu Lasten des Großhandels gehe, sondern den Erhalt der Versorgungsstrukturen und die Erfüllbarkeit des gemeinsamen öffentlichen Versorgungsauftrags von Apotheken und Großhandlungen zum Ziel habe.
Zumindest müsse klar sein, dass ausschließlich handelsübliche Skonti als Gegenleistung für eine vor Fälligkeit geleistete Zahlung gewährt werden dürften. Konkret sollen zwei Klarstellungen aufgenommen werden: „Zulässig sind dabei ausschließlich solche handelsüblichen Skonti, die als Gegenleistung für eine vor Fälligkeit geleistete Zahlung gewährt werden (‚echte Skonti‘).“ Und: „Zu Lasten des Festzuschlags dürfen Skonto-Gewährungen den Zinsvorteil aus der vorfälligen Zahlung unter Berücksichtigung des mit der Rechnungsperiode gewährten Zahlungsziels nicht überschreiten(‚echte Skonti‘).“ „Diese sachlich klar definierte Eingrenzung schafft ein Mindestmaß an Rechtssicherheit und verhindert eine weitergehende Aushöhlung der wirtschaftlichen Grundlagen des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels.“
Grundsätzlich teile man aber die Einschätzung, dass die wirtschaftliche Lage vieler Vor-Ort-Apotheken angesichts steigender Kosten, wachsender Aufgaben und stagnierender Honorierung strukturell unzureichend sei. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) habe Handlungsbedarf gesehen, die wirtschaftliche Grundlage der Apotheken zeitnah zu stärken. Wegen der immer teurer werden Arzneimittel fordert der Phagro außerdem eine „Anpassung der gesetzlichen Großhandelsvergütung ausschließlich im Bereich der Hochpreiser durch eine Erhöhung der Kappungsgrenze“.
„Apotheken und pharmazeutischer Großhandel sind Teil einer gemeinsamen Versorgungsstruktur – eine nachhaltige Stärkung der Apotheken darf deshalb nicht isoliert, sondern nur im Zusammenspiel mit dem Erhalt leistungsfähiger Großhandelsstrukturen gedacht werden.“
Die Regelungen zur Temperaturkontrolle greifen laut Phagro zu kurz. „Es geht bei der fehlenden Temperaturkontrolle beim Versand durch EU-Versandapotheken bei weitem nicht nur um kühl- und kühlkettenpflichtige Produkte, sondern um alle Medikamente, die über längere Zeit nicht Temperaturen von über 25 Grad Celsius aus-gesetzt sein dürfen. Das ist der ganz überwiegende Teil dessen, was derzeit per Standard-Paketversand verschickt wird.“
Der nicht temperaturkontrollierte Versand gefährde nicht nur die Sicherheit und Wirksamkeit der Medikamente, sondern verursache zudem ungleiche wirtschaftliche Wettbewerbsbedingungen. „Denn der vollversorgenden pharmazeutische Großhandel und die Apotheken vor Ort müssen strenge Temperaturvorgaben für alle – auch nicht kühlpflichtige – Arznei-mitteleinhalten und tragen dafür im Gegensatz zu den Versendern erhebliche Kosten.“
„Auch bei Arzneimitteln, die nicht kühlketten- oder kühlpflichtig sind und regelmäßig in einem Bereich von 8 bis 25 °C transportiert und aufbewahrt werden müssen, wird die Qualität beeinträchtigt, wenn sie während des Transports während der Sommermonate höheren Temperaturen (etwa in Packstationen oder ungekühlten Lieferfahrzeugen) oder aber in den Wintermonaten niedrigen (Minus-)Temperaturen ausgesetzt werden.“ Dies gelte insbesondere auch beim Versand über längere Strecken. Daher sollten die Vorgaben zu Transportdienstleistern auf alle Medikamente ausgedehnt werden.
Problematisch bleibe nach wie vor auch die Kontrolle der Einhaltung dieser Vorschriften. „Eine Überwachung ausländischer Apotheken in Bezug auf die Einhaltung deutscher Vorschriften existiert de facto nicht. Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union keine allgemeine Verpflichtung zur Vollstreckungshilfe besteht.“ Deutsche Aufsichtsbehörden seien folglich nicht in der Lage, die Einhaltung des deutschen Rechts durch ausländische Apotheken zu überwachen und zu überprüfen. „Die Überwachung scheitert an einem niedergelassenen Betrieb auf deutschem Staatsgebiet.“
Der Phagro schlägt vor, die in § 64 Arzneimittelgesetz (AMG) geregelten Überwachungsbefugnisse der nach Landesrecht zuständigen Überwachungsbehörden auf Logistik-Unternehmen zu erweitern, die für Versandapotheken Arzneimittel an Patientinnen und Patienten in Deutschland transportierten. „Damit wird beispielsweise ermöglicht, dass die Aufsichtsbehörden diese Logistik-Unternehmen auf die ordnungsgemäße Lagerung von Arzneimitteln sowie die qualitätsgesicherte Auslieferung an Patientinnen und Patienten und unter anderem die Schulung des für den Transport und die Auslieferung eingesetzten Personals überprüfen können.“
Außerdem sollte das BMG seine im März 2004 veröffentlichte „Bekanntmachung von Empfehlungen zum Versandhandel und elektronischen Handel mit Arzneimitteln“ aktualisieren. Denn sie werde in der aktuellen Versorgungspraxis und behördlichen Überwachung praktisch kaum herangezogen, soweit sie überhaupt bekannt sei. „Auch wenn eine solche Bekanntmachung keine zwingende Rechtsvorschrift darstellt, würden entsprechende Empfehlungen eine Orientierungs- und Standardisierungsfunktion sowohl für Apotheken als auch für die Überwachungsbehörden entfalten, die ebenfalls zu einer Verbesserung der Arzneimittelsicherheit beim Transport der Arzneimittel an Endverbraucher beitragen würde.“
Dabei könnten auch Standards festgelegt werden, dass etwa die persönliche Zustellung – oder jedenfalls ein Verbot der Ablieferung in Paketstationen – und ein Temperaturhinweis vorgegeben werden. „Dies könnte dann auch von privaten Zertifizierungsdienstleistern sowie von Überwachungsbehörden bei der Überwachung als Maßstab herangezogen werden.“
Schließlich sorgt sich der Phagro, dass Gesetz- und Verordnungsteil der Reform im weiteren Verlauf voneinander getrennt werden. Man bitte darum, auch im weiteren Verordnungsgebungsprozess adäquat einbezogen zu werden und sicherzustellen, dass kein Teil der Reform der legislativen Beratung entzogen werde. Nur so könne den berechtigten Interessen des Großhandels Rechnung getragen werden. Auch die sachliche Verknüpfung erfordere eine abgestimmte und gleichzeitige Änderung beider Regelungsinstrumente.
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