Der Protest für ein höheres Apothekenhonorar wird wieder lauter. Immer mehr Inhaberinnen und Inhaber veröffentlichen Warnungen und Forderungen. „Die hohen Kosten lösen Frust und Unsicherheit aus, wir haben Kredite laufen“, sagt Apotheker Oskar Lienau aus Berlin. Dahinter steckt eine Kampagne der Abda-Nachwuchsorganisation Abyou.
Lienau betreibt die Alder-Apotheke in Berlin. Der Inhaber meisterte die Eröffnung in der Coronazeit. „Wir sind dadurch gut durch Krisensituationen zu kommen“, sagt er. Dennoch sei die wirtschaftliche Situation angespannt. „Wie in jedem Betrieb müssen auch wir auf die Kosten achten. Ich muss schauen, was gebe ich aus, was kann ich investieren, was kommt am Ende raus.“
Weil Apotheke jedoch mehr sei, als eine „reine Kostenstelle“, nimmt er an der Kampagne „Error 404 – Apotheke not found“ von Abyou teil. Er veröffentlichte etwa bei Linkedin einen Beitrag. „Gesundheit braucht Nähe – doch genau diese Nähe droht verloren zu gehen“, schreibt er. „Wir stehen jeden Tag in unseren Offizin-Apotheken, um Menschen zu beraten, zu beruhigen, zu versorgen. Wir sind da, wenn es plötzlich ernst wird, wenn ein Kind fiebert, ein Patient nachts starke Schmerzen hat oder jemand einfach dringend Hilfe braucht. Aber was passiert, wenn wir nicht mehr da sind?“
Über den Berliner Apothekerverein (BAV) sei er angesprochen worden, an der Kampagne mitzuwirken. „Sie ist ziemlich gut umgesetzt“, lobt er. Er macht in seinem Beitrag darauf aufmerksam, dass die Apotheken täglich erlebten, wie schwer es geworden sei, unter den aktuellen Bedingungen Versorgung zu sichern. „Bürokratie, Unterfinanzierung, fehlende Planungssicherheit – all das bedroht die Zukunft der Apotheken vor Ort.“ Gleichzeitig diskutiere die Politik über eine Strukturreform.
Die Apothekerinnen und Apotheker benötigten „endlich wieder ein Gefühl für Verlässlichkeit“, fordert er. „Man kann nicht abschätzen oder planen.“ Gerade für den Nachwuchs sei dies ein Problem. Es brauche „endlich politische Entscheidungen, die Apotheken stärken – nicht schwächen“. Apotheken seien ein unverzichtbarer Teil der Daseinsvorsorge. „Ein System, das funktioniert, weil Menschen jeden Tag Verantwortung übernehmen.“
Lienau ärgert, dass die Politik verlangt, die Apotheke müsse ihren Mehrwert darstellen. „Das ist eine bodenlose Frechheit. Es gibt so viele Kollegen, die jeden Tag ihren Mehrwert zeigen. Das kann man aber nicht in Zahlen darstellen.“ Er fragt die Gesundheitspolitikerinnen und Gesundheitspolitiker: „Wie erklärt ihr den Menschen, dass ein Algorithmus eines Großkonzerns im Zweifel näher an ihrer Medikation sein soll als die Apotheke um die Ecke?“
Sein Betrieb sei eine kleine Kiez-Apotheke in Berlin. „Wir sind direkt erreichbar, die Kunden bekommen Beratung, wenn sie sie brauchen. Wenn das sukzessive wegbricht, wäre es schlimm.“ Er verweist auf dm, weil sich die Drogeriekette gerade als Gesundheitsanbieter darstellen will: „dm hat in der Coronazeit auch getestet, aber nur in der Hochphase. Wir als Apotheke waren von Beginn an bis zum Ende mit einer Testmöglichkeit da.“