Von wegen Chaos

Temperaturkontrolle: Spezialversorger sind gelassen

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Berlin -

Die geforderte Temperaturkontrolle bringt die Versender auf die Barrikaden. Der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) sprach unlängst von „praxisfernen Verschärfungen“ und warnte vor gravierenden Versorgungslücken im Bereich der Spezialversorger. Doch jene Apotheken, die sich auf die Herstellung patientenindividueller Zubereitungen spezialisiert haben und diese verschicken, lässt die Diskussion kalt: Medipolis-Chef Dr. Christian Wegner und auch der hessische Verbandsvize Dr. Guido Kruse von der Schwanen Apotheke sehen sich gut gerüstet.

Medipolis beliefert als Spezialversorger von zwei Herstellbetrieben in Jena und Weinheim aus unter anderem parenterale Antiinfektiva, intravenöse Analgetika sowie Zytostatika. Der geforderten Temperaturkontrolle im Versand blickt Wegner gelassen entgegen. „Wir versenden schon immer GDP-konform, sowohl bei der Belieferung anderer Apotheken aus unseren Herstellbetrieben heraus als auch als Apotheke an Praxen, Ambulanzen oder in der ambulanten Schwerstkrankenversorgung an Einzelpatienten. Dabei nutzen wir validierte Passiv-Isoliersysteme oder die aktive Temperaturführung durch ‚Kühlautos‘“, sagt er.

Mehr Kontrollen gefordert

Das Unternehmen sei „wegen der doch extremen Versorgungsanforderungen wie einer sehr vulnerablen Patientengruppe oder empfindlichen Produkten sehr fokussiert auf die Qualität“. Wegner spricht sich für mehr Kontrollen der bestehenden Regelungen im Versand aus. Generell sei es schwieriger, Ware bei Zimmertemperatur zwischen 15 und 25 °C zu halten, wie es herkömmliche Arzneimittel benötigten, als diese etwa zu kühlen. Zudem unterschieden sich die Margen bei einem OTC-Warenkorb von etwa Zytostatika. Doch das sei das Problem der Versandapotheken, was diese selbst klären müssten.

Auch Wegner ist aber gegen eine Novelle der aktuellen Rechtslage: „Es gibt aus meiner Sicht keinen Neuregelungs-, dafür aber einen Überwachungsbedarf.“ Wichtig sei, dass keine neuen Regelungen erlassen würden, die den Versandhandel in der ambulanten Spezialversorgung unmöglich machten oder weiter erschwerten. „Das scheint ja schon wieder das Ziel der Standesvertretung zu sein, wenn ich die Äußerungen dazu richtig interpretiere.“

Externe Transportdienstleister nicht sensibel genug

Auch in Offenbach fühlt man sich von der Diskussion um die Temperaturkontrolle im Versand nicht gestört: Bis auf wenige Ausnahmen wie Lieferungen an Justizvollzuganstalten, die zu weit entfernt liegen, liefere die Apotheke ausschließlich mit der eigenen Logistikabteilung. „Die Erfahrung hat gelehrt, dass externe Transportdienstleister nicht sensibel genug mit der Ware umgehen“, sagt Kruse.

Die Kühlware werde in besonders isolierten Transportbehältnissen ausgeliefert, die zusätzlich mit Kühlakkus ausgestattet seien. Bei sehr hohen Außentemperaturen würden Behälter verwendet, die aktiv kühlen. Dazu sei jedes Behältnis mit einem Tracker ausgestattet, bei Kühlware zusätzlich mit einer Temperaturkontrolle.

Die Schwanen Apotheke versendet nicht über Online-Shops an Endverbraucherinnen oder -verbraucher. „Unsere Kompetenz liegt nicht darin, eine Schachtel Paracetamol nach Rostock zu schicken“, sagt Kruse. Das Sicherstellen einer ordnungsgemäßen Lieferung sei einer der Gründe, auf den Versand über Postwege zu verzichten. Wer Spezialarzneimittel versenden wolle, müsse sich um den korrekten Transport kümmern.

Qualität im Mittelpunkt

Apotheker Dietmar Wolz, Mitinhaber der Bahnhof-Apotheke in Kempten, die bundesweit für ihre Rezepturen etwa im Hebammenbereich bekannt ist, sieht in schärferen Maßnahmen ebenfalls kein Problem. Für ihn muss die Arzneimittelsicherheit immer im Mittelpunkt stehen: „Aus meiner Sicht sollten im Versandhandel die gleichen Bedingungen wie in der stationären Apotheke und dem dort angegliederten Botendienst gelten, die dies berücksichtigen“, betont er. Qualitätssichernde Maßnahmen würde er daher begrüßen. „Die Lieferzeit ist nie sicher zu kalkulieren, GDP ist daher eine echte Herausforderung. Wir versenden derzeit hauptsächlich unsere eigenen Herstellungen. Bei sehr hohen oder sehr tiefen Temperaturen versenden wir auch heute schon keine temperatursensiblen Produkte.“

Solange es bundesweit genügend Vor-Ort-Apotheken gebe, sei die Versorgung nicht gefährdet. Die Bahnhof-Apotheke vertreibt die eigenen Produkte wie die Original-Stadelmann-Aromamischungen oder Homöopathika auch über stationäre Apotheken.

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