Apotheke schöpfte keinen Verdacht

Rezeptfälschung: „Der Schaden beträgt 10.000 Euro“

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Berlin -

Rezeptfälschungen sind ein aktuelles Thema. Auch die Apotheke Hulb in Böblingen musste dies kürzlich wieder feststellen. „Wir sind einem Rezeptfälscher aufgesessen, weil das verordnete Arzneimittel kein typisches Mittel für die aktuellen Fälschungen war“, bedauert eine dort angestellte PTA. Es sei in der Vergangenheit schon mehrfach zur Vorlage von gefälschter Verordnungen gekommen. „Es nervt einfach“, sagt sie und möchte alle Kolleg:innen warnen.

Sowohl in der Haupt- als auch in der Filialapotheke wurden die gefälschten Rezepte vorgelegt. Verordnet war in beiden Fällen Caprelsa und es war auch in beiden Fällen derselbe Mann, der das Medikament zunächst telefonisch vorbestellte. „Meine Kollegin fragte noch, ob er das Rezept bitte vorab schicken könne, da es sich um einen Hochpreiser handelte“, berichtet die PTA. Der angebliche Patient soll daraufhin verneint haben: „Er gab an, dass es noch bei seinem Vater liege, für den das Mittel gegen Prostatakrebs auch verordnet wurde.“

Keinen Verdacht geschöpft

„Da es sich zum Zeitpunkt der Abgabe nicht um ein gängiges Medikament handelte, das üblicherweise von Fälschern ergaunert wird, haben wir keinen Verdacht geschöpft“, so die PTA. Auch bei der Abgabe seien im Team keine Zweifel aufgekommen. „Er kam auch erst ein paar Tage später in die Apotheke.“

Zudem sei das Kassenrezept im Papierformat sehr gut gemacht gewesen. So befinden sich beispielweise Arztpraxis sowie die Adresse des Patienten laut den Rezeptangaben im Ort, in dem auch die Apotheke ansässig ist. „Im Alltagsstress passte deswegen alles.“ Leider habe er es auch in der Filialapotheke geschafft, das Mittel auf ähnliche Art zu bekommen, bedauert sie.

Warnschreiben kam zu spät

Als die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg (LAK) Ende November ein Warnschreiben schickte, war es bereits zu spät. „Ich habe unsere Verkäufe geprüft und gesehen, dass wir das Mittel zweimal abgegeben haben“, so die PTA. „Es war im Nachhinein nur an winzigen Details erkennbar, dass das Rezept gefälscht wurde.“ An welchen Details genau sie die Fälschung erkannt habe, will sie lieber nicht verraten, um den Fälschern keine Anleitung zu geben.

In dem Warnschreiben hieß es konkret: „Eine Person mit osteuropäischem Akzent bestellt telefonisch ein Krebsmedikament bei einer beliebigen Apotheke. Bislang bekannt sind die zwei Medikamente: Caprelsa 300 mg (Wert: etwa 4700 Euro) sowie Mektovi 45 mg (Wert: etwa 3000 Euro). Am selben oder am Folgetag kommen zwei weitere osteuropäische Personen in besagte Apotheke und holen gegen ein gefälschtes Rezept das Medikament ab, wodurch der jeweiligen Apotheke ein immenser Schaden entsteht.“ Und weiter: „Die Rezepte werden vermeintlich von Arztpraxen ausgestellt, welche nach Überprüfung tatsächlich existent sind und deren Namen nach aktuellem Stand für die Rezeptfälschungen missbraucht werden.“

Auch die Polizei warnte und bat um erhöhte Aufmerksamkeit. Nach Rücksprache wurde erlaubt, das Rezept zu veröffentlichen. Die PTA möchte nun auch ihre Kolleginnen und Kollegen warnen. „Es sind in der Vergangenheit schön desöfteren Fälschungen aufgetaucht, es nimmt immer mehr zu. Auch wir hatten im Sommer gefälschte Rezepte über Mounjaro. Einmal konnnte es durch uns sogar zu einer Festnahme kommen“, so die PTA. „Es nervt einfach nur noch. Dabei sind wir mittlerweile eigentlich sensibilisiert, aber Caprelsa ist uns dennoch durchgerutscht“, beklagt sie.

„Genralverdacht äußern ist unschön“

Der so entstandene Schaden ist immens: „Wir werden wohl auf etwa 10.000 Euro sitzen bleiben.“ Für die Zukunft habe man sich im Team geeinigt, bei Hochpreisern auch immer die Versichertenkarte zu verlangen. „Das ist natürlich keine schöne Lösung, denn so stellt man erst mal jeden, der so eine Verordnung vorlegt, unter Generalverdacht. Aber anders wissen wir uns nicht zu helfen“, so die PTA.

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