„Rechnung muss überprüfbar sein“

Rezeptabrechnung: Wenn 66.000 Euro fehlen

, Uhr
Berlin -

Unstimmigkeiten bei der Abrechnung können zu Sorgen bei Inhaberinnen und Inhabern führen. Wenn am Ende mehrere tausend Euro fehlen und der Steuerberater nicht weiter weiß, heißt es Nachforschungen anstellen. Bei einer Apothekerin aus Sachsen-Anhalt landete der Fall vor Gericht – tatsächlich könnte der Streit bald beigelegt sein, da der klagenden Inhaberin jetzt die Excel-Tabellen ihres Rechenzentrums zur Verfügung gestellt werden sollen.

Vor dem Landgericht München I wird ein Streit zwischen einer Apothekerin und Noventi verhandelt. Foto: APOTHEKE ADHOC

Die Transparenz bei abgerechneten Rezepten und ein unter dem Strich korrekter Betrag sind nicht nur für den betriebswirtschaftlichen Abschluss der Apotheke wichtig. Natürlich möchte eine Inhaberin und ein Inhaber am Ende des Monats wissen, ob alle Rezepte ordnungsgemäß bezahlt wurden. Doch auch die Finanzaufsicht schaue mitunter genau hin, warnt Fabian Virkus von der Treuhand Hannover. Zudem muss auch ausgeschlossen werden, ob Geld über andere Kanäle aus dem Betrieb abgezapft wird.

Deshalb sei es für Apotheken wichtig, eine klare und transparente Abrechnung vorweisen zu können, betont Virkus. Der Rechtsanwalt verteidigt derzeit eine Apothekerin, die das Vertrauen in ihren Abrechner Noventi verloren hat. Denn sie könne nicht aufschlüsseln, wo unter anderem rund 66.000 Euro geblieben sind, nachdem die betroffenen vier Rezepte retaxiert und dann angeblich wieder zurückerstattet wurden.

Noventi: Alle Informationen liegen vor

Beide Parteien trafen sich am Freitag vor dem Landgericht München I zu einem ersten gerichtlichen Termin. Noventi-Syndikatsanwalt Dr. Matthias Schneider sagte gegenüber dem Richter, dass alle Informationen vorlägen. Man könne sich über das Portal „Apotheke online“ alle Rezeptdaten auflisten und als Excel-Tabelle exportieren lassen.

Noventi zufolge wurden „sämtliche Forderungen ordnungsgemäß abgerechnet und ausbezahlt“. „Das können wir anhand der uns vorliegenden Abrechnungsvorlagen vollständig nachvollziehen. Forderungen, die von den Kostenträgern abgesetzt wurden, haben wir der Kundin wieder zur Verfügung gestellt, sodass sie diese korrigieren und wieder einreichen konnte. Nach der Korrektur haben wir die Forderungen wiederum ordnungsgemäß erfasst und entsprechend ausbezahlt.“ Selbstverständlich sei es wichtig, „dass die Kundin die Vorgänge nachvollziehen kann“.

Richter: Rechnung muss überprüfbar sein

Der Richter betonte, dass es zentral sei, dass eine Apotheke sich nicht alle Daten zusammensuchen müsse: „Am Ende muss die Rechnung nachvollziehbar und überprüfbar sein“, sagte Maximilian Schmelcher. Er ließ sich ein Beispiel der Excel-Tabelle zeigen und wunderte sich, dass die Inhaberin bislang von der Möglichkeit dieser Liste nichts wusste, nachdem sie bereits mehrere Jahre Kundin war.

Virkus erklärte, dass die Tabelle für den Monat mit Minus-Saldo geprüft und das Gericht im Anschluss über den Fortgang der Klage informiert werde. Auch Schneider bot an, bei der Suche nach den Daten zu helfen, falls diese nicht über das Online-Portal auffindbar seien. „Vielleicht klärt es sich dann“, gab sich der Richter am Ende der Verhandlung zuversichtlich. Eine Entscheidung ist für Ende April anberaumt.

Unterschiedliche Methoden bei den Inhaber:innen

Die Kontrolle der abgerechneten Rezepte treibt viele Inhaberinnen und Inhabern um – auch oder gerade in Zeiten des E-Rezepts. Um Schäden zu vermeiden, nutzt eine Apothekerin Excel-Listen, auch wenn dies arbeitsintensiv ist. „Ich schreibe alles auf und erfasse auf umständliche Weise alle E-Rezepte, die in meiner Apotheke beliefert werden“, sagt sie.

So könne sie am Ende genau sagen, welcher Vorgang bei der Abrechnung fehlt. Vor allem in Bezug auf hochpreisige Arzneimittel, sei ihr das Risiko des Verlustes einfach zu hoch. „Wenn wir die Abrechnung bekommen und ich überprüfen will, ob auch alles ordnungsgemäß gelaufen ist, dann kann ich nur 100 Tage die Vorgänge zu den E-Rezepten filtern“, sagt die ADG-Kundin. Denn alles, was älter sei, sei nicht mehr nachvollziehbar und der Schaden könne sehr hoch sein.

Vertrauen in Rechenzentren

Viele Kolleginnen und Kollegen vertrauen ihren Abrechnern: „Ich kann sehen, dass das E-Rezept die Voraussetzungen erfüllt hat, mit Quittung, und an das Rechenzentrum gesendet wurde“, sagt ein Inhaber. Ob es abgerechnet ist, sei in der Statusanzeige des Rechenzentrums ersichtlich.

Die Listen aus der Warenwirtschaft mit den Beträgen des Rechenzentrums vergleiche er aktuell nicht. „Ob die Summen eins zu eins stimmen, da vertraue ich dem Rechenzentrum.“ Wenn man hohe Summen vermisse, könne die Zahl der Rezepte aus der Warenwirtschaft mit denen des Rechenzentrums im Vergleichsmonat verglichen werden. Dazu könne auch die Filterfunktion genutzt werden, um beispielsweise Hochpreiser zu erkennen.

Guter Journalismus ist unbezahlbar.
Jetzt bei APOTHEKE ADHOC plus anmelden, für 0 Euro.
Melden Sie sich kostenfrei an und
lesen Sie weiter.
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz