Frontal21

Retaxkassen verärgern Patienten

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Berlin -

„Ein ganz schön mieser Trick um Geld zu sparen“ – so bewertet „Frontal21“ Null-Retaxationen aufgrund kleinster Formfehler bei BTM-Rezepten. Am Dienstagabend hat das ZDF-Magazin einen Beitrag zum Vorgehen der Novitas BKK, der BKK Hoesch und der BKK vor Ort gebracht. Darin kommen auch Schmerzpatienten zu Wort, deren Versorgung sich wegen der Streitigkeiten zwischen Kassen und Apotheken verzögert.

Eine 78-jährige Patientin etwa bekommt in der Apotheke plötzlich ihre Fentanyl-Pflaster nicht mehr sofort ausgehändigt, weil das Rezept vom Arzt nicht korrekt ausgefüllt wurde. Die BKK Hoesch hatte ein solches BTM-Rezept auf Null retaxiert, weil die Gebrauchsanweisung „alle drei Tage“ fehlerhaft sei. Die Patientin hat dafür kein Verständnis: „Ich nehme das jetzt ein ganzes Jahr, ich weiß doch, wie oft ich das wechseln muss“, sagt sie zu „Frontal21“.

Der Apotheker erklärt im Beitrag, dass es der Krankenkasse zufolge „Pflaster wechseln alle drei Tage“ heißen müsste. „Es könnten sonst auch Socken oder Schuhe gemeint sein“, so der Pharmazeut. Die BKK Hoesch wollte sich gegenüber dem TV-Magazin nicht äußern.

Dafür hat „Frontal21“ Professor Dr. Theo Dingermann befragt, der an der Goethe Universität in Frankfurt Pharmazeutische Biologie lehrt. Für Dingermann ist das Vorgehen der Kassen ein Skandal: „Weil diese Aktion urplötzlich gestartet wurde, obwohl auf der gleichen Basis seit über zehn Jahren verordnet und erstattet wurde.“ Der Hochschulprofessor berichtet von besonders skurrilen Retaxationen, etwa aufgrund verwendeter Abkürzungen.

Thomas Preis vom Apothekerverband Nordrhein (AVNR) fordert: „Apotheker müssen sich darauf verlassen können, dass Rezepte, wenn sie korrekt beliefert werden, auch korrekt bezahlt werden.“ Nachträgliche Retaxationen führten nur zu Verunsicherungen bei den Ärzten, Apothekern und Patienten, so Preis.

Die Kassen waren laut „Frontal21“ nicht zu einem Interview bereit, verwiesen stattdessen offenbar auf die eigene Stellungnahme aus dem November. Darin hatten die Novitas BKK ihr Vorgehen verteidigt und es als „reine Schikane“ bezeichnet, wenn der Apotheker einen Patienten mit einem fehlerhaften Rezept zurück zum Arzt schickt. Bei der Prüfung der Rezepte gehe es um die Sicherheit der Patienten.

„Das ist natürlich dummes Zeug“, kommentiert Dingermann. Denn chronisch Kranke würden ihre Medikamente kennen und hätten diese zum Zeitpunkt der Retaxierung zudem längst verbraucht. Dass Argument der Patientensicherheit sei skandalös. Stattdessen gehe es den Kassen ums Geld, schließt auch „Frontal21“. Allein in Nordrhein-Westfalen hätten die Apotheker einen Schaden von rund 1,5 Millionen Euro zu beklagen.

Das vorübergehende Einlenken der Kassen schreibt sich „Frontal21“ auf die eigene Fahne. Beständige Nachfragen hätten offenbar zu Betriebsamkeit geführt, berichtet das Magazin mit Verweis auf die gemeinsame Erklärung der drei Kassen und ihres Landesverbands, die Ende vergangener Woche publik geworden war. Darin hatten die BKKen angekündigt, die Prüfungen der BTM-Rezepte auszusetzen. „Wir werden prüfen, ob die Kassen ihr Versprechen halten“, kündigt das das ZDF-Magazin an.

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