Behinderten-WC und -Zugang

Präquali: Apotheke plötzlich „Neubetrieb“

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Berlin -

Seit 13 Jahren betreibt eine Inhaberin aus Niedersachsen nun ihre Apotheke. Die Präqualifizierung vor zwei Jahren hat sie unter erheblichem Aufwand erfolgreich abgeschlossen. Doch nun erlebt sie eine böse Überraschung: Mit Schreiben der Zertifizierungsstelle soll ihr Geschäft als „Neubetrieb“ eingestuft worden sein. Sie müsse nun einen behindertengerechten Zugang und ein behindertengerechtes WC nachweisen.

Die Apotheke existiert schon seit 1950. „2011 sind wir mit dem Geschäft in einen Neubau umgezogen“, berichtet die Inhaberin. Nun plötzlich heißt es von der Präqualifizierungsstelle, sie sei anders eingestuft worden: „Resultierend aus einer Informationsveranstaltung mit dem GKV-Spitzenverband mussten wir die Bewertung des Status Bestands- oder Neubetrieb anpassen“, heißt es in einem Informationsschreiben.

Dabei habe die Apothekerin bereits vor zwei Jahren ein Zertifikat für die Präqualifizierung erhalten: „Schon damals war dies mit einem solchen Aufwand verbunden. Ich habe etwa drei Tage zugebracht, um alle vorgeschriebenen Prozesse nachzuweisen“, so die Apothekerin.

Dabei musste sie auch beschreiben, wie sie mit verliehenen Hilfsmitteln genau umgeht: „Das Kuriose ist, wir verleihen gar keine Hilfsmittel. Ich musste trotzdem Fotos vom Quarantäneschrank machen und die Desinfizierungs- beziehungsweise Aufbereitungsprozesse schildern“, so die Inhaberin. Das sei zwar alles nur theoretisch gewesen, aber trotzdem erforderlich: „Schlussendlich habe ich natürlich auch die Rechnung von 200 Euro bezahlt.“

Da der Betrieb nach der Regelung als Neubetrieb eingestuft wurde, müsse sie nun „einen behindertengerechten Zugang und ein behindertengerechtes WC nachweisen“, heißt es von der Zertifizierungsstelle. Zugleich hat man sich bei ihr entschuldigt: „Leider wurden diese Anforderungen in der von Ihnen bearbeiteten Checkliste nicht berücksichtigt, wofür wir uns ausdrücklich entschuldigen möchten.“

Nichtsdestotrotz wird nun gefordert: „Bitte senden Sie uns Bilder der Toilette und des Eingangs zu, aus denen hervorgeht, dass die untenstehenden Anforderungen erfüllt werden. Bitte verwenden Sie einen Zollstock, um auf den Fotos die Einhaltung der vorgeschriebenen Höhen/Breiten nachzuweisen.“

Die Inhaberin hat nun plötzlich ein Problem: „Wir haben eine behindertengerechte Toilette, allerdings geht die Tür nicht wie vorgeschrieben nach außen auf.“

Denn folgende Kriterien des GKV-Spitzenverbandes zur behindertengerechten Toilette gelten:

  • Die Tür darf nicht in den Sanitärraum schlagen.
  • Die Tür des Sanitärraums muss abschließbar und im Notfall von außen zu entriegeln sein.
  • Die Bewegungsfläche für Rollstuhlnutzer muss mindestens 120 cm breit und 120 cm tief sein.
  • Unter dem Waschtisch muss Beinfreiraum vorhanden sein.
  • Die Sitzhöhe des Klosettbeckens – einschließlich Sitz – muss 46 bis 48 cm betragen. Im Bedarfsfall muss eine
  • Höhenanpassung vorgenommen werden.
  • Auf jeder Seite des Klosettbeckens sind klappbare, 15 cm über die Vorderkante des Beckens hinausragende Haltegriffe zu montieren, die in der waagerechten und senkrechten Position selbsttätig arretieren. Sie müssen am äußersten vorderen Punkt für eine Druckbelastung von 100 kg geeignet sein.
  • Ein Notruf (Schalter / Knopf oder Zugschnur) ist zu installieren.

Die Apothekerin hat zur Klärung der neuen Einordnung ihres Betriebes eine Anfrage an die Zertifizierungsstelle gestellt: „Ich möchte eine Erklärung zur Regelung, die aus der Informationsveranstaltung mit dem GKV-Spitzenverband resultieren soll. Die ganze Präqualifizierung ist doch ein schwebendes Verfahren, wir werden meiner Meinung nach noch bis zu einem Jahr in der Luft hängen.“

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