Versorgerwahl binnen 14 Tagen

Inko-Vertrag der AOK Nordost „ist eine Frechheit“

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Berlin -

Anke Nedwed, Inhaberin der Stadt Apotheke Mittenwalde, ärgert sich über die neue Inko-Handhabe der AOK Nordost. „Ich finde, es ist eine Frechheit, diese Auswahl an Anbietern jetzt zu verschicken, wo ich doch theoretisch bis September auch beitreten könnte.“ Für sie ist klar: „Dieser Vertrag wurde nur für die Versender erarbeitet.“

„Unser Vertrag mit Ihrem bisherigen Leistungserbringer endet am 30.09.2025“, heißt es von Seiten der AOK Nordost. Damit eine Belieferung ab dem 1. Oktober gesichert sei, müsse die oder der Versicherte unterschiedliche Schritte durchlaufen. Auf dem beiliegenden Formular sind zwei Angaben zu machen: „Ein Kreuz, wohin die Inkontinenzprodukte geliefert werden sollen. Ein Kreuz, welcher Leistungserbringer Sie ab dem 01.10.2025 versorgen soll“, schreibt die AOK Nordost.

„Die Patienten kommen völlig verwirrt mit diesem Schreiben zu uns und fragen, was sie jetzt machen müssen“, berichtet die Inhaberin. Aktuell versorgt sie 17 AOK Nordost-Versicherte mit Inkontinenzprodukten; einige reisen aus 30 Kilometern Entfernung an.

14-Tage-Frist für Versorgerwahl

Das Schreiben ist auf den 1. Juli datiert, das unterschriebene Formular muss bis zum 15. Juli an die AOK zurückgesendet werden; damit bleiben nur zwei Wochen Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. „Sie müssen sich jetzt schon für einen Versender entscheiden, den sie höchstwahrscheinlich gar nicht kennen.“

Die Kasse stellt 12 Leistungserbringer zur Auswahl, darunter Abena, Krieger Homecare und Hartmann. Für jeden Anbieter sind Produktlinien und Kontaktdaten angegeben. „Der gewählte Leistungserbringer wird von uns mit Ihrer Versorgung beauftragt. Die Auswahl Ihrer Inkontinenzprodukte können Sie direkt mit dem neuen Leistungserbringer besprechen“, schreibt die Kasse.

Ärger über frühe Bindung an Versender

„Ich finde, es ist eine Frechheit, diese Auswahl an Anbietern jetzt zu verschicken, wo ich doch theoretisch bis September auch beitreten könnte“, prangert Nedwed an. „Aber wenn sie alle meine Patienten vorher schon an einen Versender gebunden haben, dann bin ich möglicherweise dem Vertrag beigetreten und kann meine Patienten trotzdem nicht weiterversorgen.“

Die Inhaberin bezweifelt, dass die Versorgung ab September wirklich glattläuft. „Wir haben Patienten, die bettlägerig sind und die Verwandten sich kümmern und die Hilfsmittel bei uns abholen. Wie soll das reibungslos mit einem Kurierdienst laufen?“ Angehörige oder Nachbarn könnten zur Annahme nicht zu Hause sein, ohnehin seien die Deutsche Post und weitere Dienste hoffnungslos überfordert, eine reibungslose Zustellung also anzuzweifeln. „Wir gehen aktuell davon aus, dass die Patienten im Zweifelsfall zu uns kommen und die Ware privat kaufen, damit sie versorgt sind“, schätzt Nedwed.

Versorgung für Pflegebedürftige problematisch

In der Vergangenheit seien bereits Versender-Kunden zu ihr in die Apotheke gewechselt. „Die waren dort überhaupt nicht glücklich. Dann haben wir gesagt, dass wir die Versorgung übernehmen können, und dann sind sie zu uns gewechselt.“ Die Patient:innen beschwerten sich über Qualität und Mehrkosten von rund 50 Euro pro Quartal bei bestimmten Inkontinenzvorlagen. „Das ist eine Hausnummer, die sich gerade Ältere mit kleiner Rente nicht leisten können.“

An der verpflichtenden persönlichen Beratung mit Unterschrift des Patienten sieht die Apothekerin ebenfalls Probleme. „Schicken sie wirklich jemanden an die Haustür, der klingelt und sagt: ‚Wir haben einen Vertrag mit Ihnen‘? Videokonferenzen können sie mit älteren Herrschaften nicht machen – und am Telefon versteht die Hälfte ja nichts. Und unterschreiben können sie da auch nicht.“

Ihre Inko-Kunden schickt Nedwed ausnahmslos zur AOK-Nordost-Filiale vor Ort. „Die Kunden fragen uns nach Details, wie funktioniert die Abwicklung und das Aussuchen des Dienstleisters. Das weiß ich nicht und empfehle, die Mitarbeiter der Kasse vor Ort zu fragen – die müssen es ja wissen.“ Dass die Versender die Versorgung wirklich sichern können, daran glaubt Nedwed nicht. „Ich glaube, die wissen gar nicht, auf welche Menge sie sich einlassen und welche Probleme auch damit einhergehen.“

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