„Kranke unter Generalverdacht“

Cannabis: Grünhorn-Chef kontert Warken

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Leipzig -

Grünhorn ist Branchenprimus unter den Cannabisversendern, enstprechend empfindlich reagiert Firmenchef Stefan Fritsch auf Aussagen von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU), medizinisches Cannabis werde allzu oft zu Rauschzwecken genutzt.

In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) hatte Warken die Zahl der Cannabis-Verordnungen mit möglichem Missbrauch in Verbindung gebracht und von einer „Rauschdroge“ gesprochen, deren Online-Verschreibung zu leicht zugänglich sei.

Fritsch sieht darin eine Stigmatisierung von Patientinnen und Patienten: „Wer versucht, Medizinalcannabis zu politisieren, nimmt die Bedürfnisse vieler Patientinnen und Patienten nicht ernst, gefährdet deren medizinische Versorgung und stellt die Anwendung einer wirksamen Therapieoption auf fahrlässige Art und Weise erneut in Frage. Solche pauschalen Aussagen greifen zu kurz und werden weder der Komplexität medizinischer Therapien noch der Lebenssituation vieler Patientinnen und Patienten gerecht.“

Seit Inkrafttreten des Cannabisgesetzes im April vergangenen Jahres habe sich die Versorgung vieler Patientinnen und Patienten verbessert, bei denen Standardtherapien nicht greifen. Die Herausnahme aus dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) habe Hürden abgebaut, der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) inzwischen 16 Facharztgruppen zur genehmigungsfreien Verschreibung zugelassen. Allein Grünhorn habe im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben über 73.000 Menschen versorgt.

„Die steigende Zahl der Verordnungen ist nicht etwa ein Zeichen von Missbrauch, sondern Ausdruck einer Entstigmatisierung und Normalisierung der Cannabistherapie“, so Fritsch. „Unsere Patientinnen und Patienten sind vielfach austherapiert, viele leiden unter chronischen Schmerzen, Spastiken oder therapieresistenter Übelkeit. Für sie ist Cannabis keine Ausweichlösung, sondern oftmals der erste funktionierende Behandlungsweg, und zwar ohne die heftigen Nebenwirkungen starker Opioide, wie sie in der Schmerztherapie eingesetzt werden.“

„Faire“ Politik

Besonders irritierend sei aus seiner Sicht der Widerspruch zur bisherigen öffentlichen Haltung der Ministerin: Warken habe bei ihrem Amtsantritt betont, alle Akteure im Gesundheitssystem fair behandeln zu wollen, die jüngsten Aussagen zeugten jedoch vom Gegenteil: „Die pauschale Diskreditierung einer ganzen Patientengruppe und Branche steht im Widerspruch zu jedem Versprechen fairer Politik“, so Fritsch.

Wie eine sachliche Diskussion aussehen könne, habe kürzlich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bei einem Besuch der Grünhorn-Gruppe gezeigt: Zwar äußere er sich weiterhin kritisch zum privaten Konsum, werbe aber ausdrücklich für die Unterstützung des medizinischen Bereichs, so das Unternehmen.

„Der Markt für medizinisches Cannabis besitzt hohes Potenzial für chronisch kranke Menschen. Die Verwendung von medizinischem Cannabis kann langfristig helfen, Symptome von Betroffenen zu lindern“, wird Kretschmer zitiert. Dem Ministerpräsidenten zufolge gelte es, Regelungen zu schaffen, die den Einsatz von medizinischem Cannabis langfristig ermöglichen und dessen Entwicklung vorantreiben.

Verlässliche Politik

„Was Patientinnen und Patienten brauchen, ist Sicherheit. Sicherheit im Zugang, in der Beratung, in der Qualität und auch in der politischen Haltung“, so Fritsch. Aus seiner Sicht könnten die Aussagen der Gesundheitsministerin die Versorgungssicherheit gefährden. Zudem werde mit der Unterstellung eines weitverbreiteten Missbrauchs das politische Fundament des aktuellen Gesetzes infrage gestellt – und damit auch die Arbeit ihres Vorgängers Karl Lauterbach (SPD), der sich für Entbürokratisierung und Versorgungssicherheit starkgemacht habe.

„Wir laden Frau Warken herzlich ein, sich persönlich ein Bild von unserer Arbeit zu machen. Ministerpräsident Kretschmer hat diesen Weg bereits gewählt“, sagt Fritsch. „Ein direkter Dialog mit Patientinnen und Patienten kann helfen, ein umfassenderes Verständnis zu gewinnen. Wir stehen dafür jederzeit gerne zur Verfügung.“

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