Der Handelsspannenausgleich kann selbst vermeintlich großzügige Rabatte komplett neutralisieren und bleibt auf Rechnungen häufig unsichtbar. Anja Paape, Apothekenmanagerin der MediosApotheke am Oranienburger Tor in Berlin, warnt: „Man denkt, man steht wirtschaftlich gut da – und merkt erst später, dass nichts übrigbleibt.“ Ein konsequenter Direktbezug hochpreisiger Arzneimittel und klare Teamprozesse sichern die Marge und stabilisieren die Versorgung.
In vielen Apotheken ist der Handelsspannenausgleich ein übersehener Kostenfaktor. „Der Handelsspannenausgleich ist eine Art Ausgleichszahlung vom Apotheker an den Großhandel – und zwar dann, wenn der Großhandel seine gesetzlich regulierte Marge unterschreitet“, erklärt Paape. Rabatte von drei Prozent klingen attraktiv, doch durch Rückbelastungen bleibt am Ende oft nichts übrig. „Man denkt, man steht wirtschaftlich gut da – und merkt erst später, dass nichts übrigbleibt.“
Ein zentraler Hebel ist laut der Expertin der Direktbezug, bei dem keine Rückbelastung erfolgt. „Deshalb lohnt es sich insbesondere bei hochpreisigen Arzneimitteln, auf Direktverträge zu setzen.“ Großhändler legen eigene Schwellen fest, ab wann Rückforderungen greifen – meist sechs oder sieben Prozent oder feste Eurobeträge. Diese variieren je nach Apotheke und sollten regelmäßig geprüft werden.
Paape empfiehlt, hochpreisige Produkte direkt, niedrigpreisige weiter über den Großhandel zu bestellen, um einen wirtschaftlichen Durchschnittswert zu erzielen. Vorteile des Direktbezugs sind:
„Das gesamte Team muss verstehen, warum bestimmte Entscheidungen getroffen werden“, sagt Paape. Im Handverkauf helfe es, bewusst mit Lieferzeiten umzugehen: „Wenn ich weiß, dass ich direkt bestellen sollte, verspreche ich eben nicht die Lieferung am selben Abend, sondern frage: Reicht es in drei Tagen?“ Besonders bei planbarem Bedarf funktioniere das gut.
Zur Unterstützung nutze ihr Team eine Excel-Tabelle, in die nur der jeweilige Einkaufspreis eingetragen wird. Die Tabelle zeigt sofort, bei welchem Lieferanten der beste Stücknutzen liegt. Ein Maßnahmenkatalog schreibt vor, dass bestimmte Hochpreiser nur direkt bezogen werden – um Fehler mit teuren Folgen zu vermeiden. „Da kann ein falscher Klick schnell mal 50 bis 100 Euro Unterschied pro Packung machen.“
Wer seine Verträge analysiert, entdeckt laut Expertin oft versteckte Gebühren. „Prüft eure bestehenden Verträge. Schaut euch an, wo Gebühren versteckt sind, welche Marge euch wirklich bleibt.“ Externe Beratung könne helfen. Ist eine Nachverhandlung erfolglos, rät Paape: „über Alternativen nachzudenken.“ Ein Wechsel setze auch ein Signal an den bisherigen Großhändler.
Neben den Konditionen sind für Paape auch Service und technische Anbindung wichtige Kriterien. Dazu gehören:
Außerdem sollten komplexe Gebührenmodelle bekannt sein. Schulungsangebote für PKA und eine flexible Tourenplanung zählen ebenfalls zu den Entscheidungskriterien. „Früher hatten wir einen Hauptlieferanten. Heute arbeiten wir teilweise mit fünf“, sagt Paape – wegen Lieferengpässen. Auch kleinere Apotheken könnten von Vielfalt profitieren, selbst wenn Konditionen schwächer sind.
Paapes Fazit: „Wenn es der Apotheke gut geht, geht’s auch den Mitarbeitenden gut.“ Wirtschaftliches Denken sichere Versorgung, Gehälter und Teamstabilität – ohne Qualitätsverlust. Wer strategisch plant, einkauft und schult, kann wirtschaftlich erfolgreich sein – und gleichzeitig den Versorgungsauftrag erfüllen.
Spannendes Thema? Diesen Beitrag gibt es auch als Video – Teil 1 einer fünfteiligen Reihe, die einen tieferen Einblick in das Thema ermöglicht. In der kommenden Woche geht es um bevorzugte Importeure in der Apothekensoftware, die strategische Steuerung der Bestellung mit V3 und den Einsatz technischer Hilfsmittel für effizientere Einkaufsentscheidungen.
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Transkripte der 5-teiligen Videoreihe
Teil 1 “Handelsspannenausgleich”
Teil 2 “Bestellprozesse”
Teil 3 "Bestellungen bündeln"
Teil 4 “Wirtschaftlich bestellen”
Teil 5 “Kommunikation am HV”

