Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) hat ausweichend auf Berichte über eine mögliche Abschaffung des Pflegegrads 1 reagiert. Die Arbeitsgruppe für eine Pflegereform werde in ein paar Wochen ihre Ergebnisse vorlegen, antwortete Frei in der ARD-Sendung „Maischberger“ auf eine entsprechende Frage. „Wir werden ein paar Dinge ändern müssen.“ Dazu zwängen die demografische Entwicklung und der medizinische Fortschritt.
Auf die Frage, ob eine Abschaffung des Pflegegrads 1 die Lösung sei, antworte Frei: „Das kann man so pauschal nicht sagen.“ Der Vorschlag habe in einer Zeitung gestanden. „Ich kenne niemand aus der Koalition, der den Vorschlag gemacht hat“, sagte Frei. Er fügte hinzu, Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sei es nicht gewesen.
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums befasst sich die Arbeitsgruppe von Bund und Ländern auch mit Pflegegraden und deren Ausrichtung. Erste Zwischenergebnisse seien noch im Oktober zu erwarten. „Bild“ hatte am Wochenende berichtet, dass es in der Koalition Überlegungen zur Abschaffung dieses niedrigsten Grads der Pflegebedürftigkeit gebe.
In Sachsen wären hiervon beispielsweise mehr als 58.000 Menschen betroffen. Die Landesregierung müsse sich deshalb im Bund für den Erhalt des Pflegegrads einsetzen, forderte der Sozialverband VdK Sachsen. Der Gedanke der Streichung des Pflegegrads 1 sei eine Überlegung der sozialen Kälte, sagte Landesverbandspräsident Horst Wehner. „Der positive Effekt der Pflegereform mit dem Erhalt der Selbstständigkeit im Alter soll der Finanzkrise der Pflegeversicherung geopfert werden? Davon wäre allein in Sachsen jeder sechste Pflegebedürftige betroffen. Das ist beschämend und absolut unsolidarisch.“
Laut VdK gibt es im Pflegegrad 1 kein Pflegegeld, dafür aber Zuschüsse für den Umbau der Wohnung für mehr Barrierefreiheit, den Entlastungsbetrag für die Nachbarschaftshilfe oder Gelder für einen Hausnotruf. Auch Zuschüsse für Pflegehilfsmittel wie Betteinlagen sowie pro Monat bis zu 131 Euro Erstattung, etwa wenn ein Pflegedienst beim Duschen oder Wäsche waschen hilft, werden gezahlt. Das erklärte Ziel sei der Erhalt der Selbstständigkeit. Der Pflegegrad 1 solle es den Menschen ermöglichen, weiter in ihrer Wohnung zu leben und gerade nicht auf stationäre Pflege angewiesen zu sein, hieß es.
Die sachsen-anhaltische SPD-Fraktionschefin Katja Pähle lehnt eine Abschaffung des Pflegegrads 1 ebenfalls ab. Bei einer Streichung mache man nicht mit, sagte Pähle, die auch Mitglied im SPD-Parteivorstand ist. Der Pflegegrad 1 sei eine niedrigschwellige Möglichkeit, Bedürftigen Hilfe zu gewähren. Dies sei etwa bei Demenzerkrankten wichtig, erklärte sie. Pähle sagte, es dürfe bei den Diskussionen nicht nur um Leistungseinschränkungen gehen. Bei der Union spreche keiner über die Einnahmeseite. Pflegende Angehörige müssten gestärkt werden, ohne sie würde das Pflegesystem sofort zusammenbrechen, so die SPD-Politikerin. Auf Antrag der Linken soll nächste Woche im Landtag in Magdeburg über das Thema debattiert werden.
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