Brintellix-Rückruf

Apotheker gegen Missbrauch von Rückrufen

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Berlin -

Weil sich der dänische Hersteller Lundbeck mit dem GKV-Spitzenverband nicht auf einen Erstattungsbetrag für Brintellix (Vortioxetin) einigen konnte, zog das Unternehmen vergangene Woche das Arzneimittel per AMK-Meldung vom deutschen Markt zurück. Dagegen protestiert nun der Bundesverband Deutscher Großhandelsapotheker (BDGHA). Wirtschaftliche Gründen seien kein gerechtfertigter Anlass für diesen Weg. Das gefährde das Vertrauen in die Arzneimittelsicherheit.

Lundbeck hatte mitgeteilt, dass das Antidepressivum Brintellix angesichts des von der AMNOG-Schiedsstelle Ende Juni festgesetzten Preises nicht mehr kostendeckend angeboten werden könne. Das Unternehmen rief alle Chargen der Tabletten und Tropfen zurück. „Der Rückruf erfolgt nicht aus Gründen der Arzneimittelsicherheit“, heißt es.

Das vom Hersteller Lundbeck für sein Präparat Brintillex gewählte Vorgehen zur Marktrücknahme über die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) sei kritisch, so der BDGHA. Wenn das zum Schutze des Allgemeinwohls dienende, allseits anerkannte und eingeübte Verfahren des Arzneimittelrückrufes auch zur Durchsetzung wirtschaftlicher Einzelinteressen eingesetzt werde, verändere das nicht nur die Zielsetzung dieser im Rahmen der Arzneimittelsicherheit wichtigen Maßnahme, sondern schwächt eventuell zukünftig deren Durchsetzungsfähigkeit.

„Denn, wer den administrativen Standardprozess zwar nutzt, ihm im Kern aber nicht gerecht wird, müsste seine Beweggründe nicht nur aus wirtschaftlicher, sondern auch aus pharmazeutischer Sicht belegen“, so der BDGHA. Sonst würden die Marktteilnehmer einschließlich der Apotheker verunsichert und lediglich als „funktionierendes Glied in der Kette“ eingesetzt und gerieten so ungewollt zwischen die Fronten eines wirtschaftlich motivierten Konfliktes der Gremien und Anbieter im Gesundheitssystem.

„Aus pharmazeutischer Sicht kann aber nur der Versorgungsauftrag der Allgemeinheit mit Arzneimitteln uneingeschränkt im Vordergrund stehen“, kritisiert der BDGHA. Dazu passe es nicht, wenn die Industrie versuche, die pharmazeutische Seite der Versorgungskette für ihre Zwecke zu vereinnahmen.

Lundbeck hatte in der vergangenen Woche alle Chargen von Brintellix Filmtabletten 5 mg (28 und 98 Stück sowie die Klinikpackung mit 9x14 Stück), 10 mg und 20 mg zurückgerufen. Auch die Tropfen 20 mg/ml waren betroffen. Der Vertrieb werde in Deutschland wegen des festgesetzten Erstattungsbetrags zum 15. August eingestellt. Dieser sei „auf niedrigstem generischen Preisniveau“, teilte das Unternehmen mit. Das innovative und patentgeschützte Arzneimittel könne nicht zu einem derart niedrigen Preis angeboten werden. Der Preis sei wirtschaftlich nicht tragbar. Der Hersteller war laut eigenem Bekunden in den Verhandlungen zu „deutlichen Zugeständnissen bereit“.

Es sei ein Preis angeboten worden, der deutlich unter dem europäischen Durchschnittspreis von 1,25 Euro pro Behandlungstag gelegen habe. Die Entscheidung, das Arzneimittel vom Markt zu nehmen, sei nicht leicht gefallen. Brintellix sei auch nach Marktrückzug weiter in Deutschland zugelassen und verkehrsfähig.

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