„Zehn Euro ist der Preis eines Döners“

Gassen für Klinikschließungen und Praxisgebühr

, Uhr
Berlin -

Dr. Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), lehnte sich am Wochenende in der „Rheinischen Post“ weit aus dem Fenster: Er fordert die Wiedereinführung der Praxisgebühr und sieht auch in der Schließung weiterer Kliniken Einsparpotenzial. „Eine Art Praxisgebühr 2.0, bei der die Kassen das Geld bei den Patienten einziehen“, sei demnach denkbar, um die Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu stabilisieren, so Gassens Vorschlag.

„Zehn Euro Praxisgebühr pro Quartal sind zumutbar, das ist der Preis eines Döners.“ Diese aber wie in der Vergangenheit über die Praxen einzuziehen, sei ein zu hoher bürokratischer Aufwand. Stattdessen sollten die Kassen die Gebühr direkt einziehen.

Bis 2012 habe diese zu bedeutenden Einnahmen geführt: „Damals hat die Praxisgebühr den Kassen zwei Milliarden Euro im Jahr gebracht“, erklärte Gassen. „Zum Vergleich: Pro Patient bekommt ein Hautarzt zum Beispiel nur rund 15 Euro im Monat.“

Höhere Steuern für gesundheitsschädliches Verhalten

Zudem könnte gesundheitsschädliches Verhalten mehr besteuert werden: „Es gibt Wege, Einnahmen gezielt zu erhöhen: Wir brauchen endlich eine Zuckersteuer wie in skandinavischen Ländern. Zugleich sollte die Tabak- und Alkoholsteuer erhöht werden und die Einnahmen zweckgebunden in das Gesundheitswesen gehen, sie dürfen nicht wie bisher im Bundeshaushalt versickern“, fordert Gassen.

Zwei Euro Steuern mehr pro Zigarettenpackung seien ein guter Anfang und würden laut Gassen etwa sieben Milliarden Euro im Jahr bringen – vom abschreckenden Effekt ganz zu schweigen.

Homöopathie als Kassenleistung streichen

Laut Gassen muss zudem Homöopathie als Kassenleistung gestrichen werden: „Es gibt keine Evidenz, dass Homöopathie wirkt. Menschen sollen gerne Globuli und Mistelzweige einsetzen, wenn sie daran glauben – aber nicht zu Lasten der Beitragszahler. Allein für Homöopathie zahlen die Kassen 50 Millionen Euro im Jahr.“

Auch bei der Erstattung von Gesundheits-Apps würde er den Rotstift ansetzen: „Es gibt keine echte Bewertung des medizinischen Nutzens, keine Kontrolle, ob diese Anwendungen überhaupt genutzt werden.“

Bei der teuren Klinikversorgung braucht es laut Gassen Konsolidierung: „Es gibt unverändert zu viele Krankenhäuser, wir brauchen eine Konzentration der Standorte und echte Ambulantisierung.“ In der „Rheinischen Post“ erklärte er außerdem: „Mindestens jeder fünfte Klinikfall – die Krankenkassen sprechen gar von 60 Prozent – könnte ambulant und damit günstiger und patientenfreundlicher erledigt werden. Bei uns werden Operationen stationär vorgenommen, die im Rest der Welt seit Langem ambulant erbracht werden.“

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr aus Ressort
CDU-Abgeordneter besucht Apotheke
Versand: „Das ist wie David gegen Goliath“

APOTHEKE ADHOC Debatte