Der Fachbereichsleiter Gesundheit beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Dr. Stefan Etgeton, ist positiv von den Schlussanträgen des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof überrascht. Im Interview mit der Stuttgarter Zeitung sagte Etgeton: „Ich finde es gut, dass die Ausrichtung auf Kapitalinteressen, die auf der Herstellerseite besteht, nicht auch noch auf der Vertriebsseite, also bei den Apotheken, bekommen.“
Zwar könne man nicht behaupten, dass nicht auch der Angestellte einer Kette gute Arbeit leisten könne. Trotzdem hätten die Verbraucherzentralen nie verlangt, das Fremdbesitzverbot zu streichen. Aus gutem Grund: „„Der selbstständige Einzelapotheker, den wir heute haben, unterliegt nicht den Kapitalinteressen, denen eine Kette folgen muss“, so Etgeton. Er muss nicht die Renditeerwartung von Investoren erfüllen. Das ist aus Sicht der Patienten gut.“
Etgeton berürchtet, dass bei einer Marktfreigabe die Qualität der Versorgung leiden könnte: Beispielsweise rechnet der Verbraucherschützer damit, dass wegen der Kapitalinteressen schnell einen massiver Lobbydruck zur Änderung verschiedener Vorschriften wie zum Labor entstehen würde. „Diesen Druck gibt es heute nicht. Heute stellt niemand infrage, dass eine Apotheke ein Labor hat, Fachpersonal beschäftigt und sich an Nacht- und Sonntagsdiensten beteiligt.“
Etgeton räumte auch mit dem Mythos auf, dass die heutige Apothekenstruktur zu teuer sei: Dafür sehe er keine Belege: Für die Kosten, die der Krankenversicherung und ihren Beitragszahlern entstehen, sei nicht entscheidend, wie viele Apotheken es gibt, sondern nur, wie viele Medikamente ein Apotheker abgibt und was er dafür bezahlt bekommt. Über die Menge entschieden nicht die Apotheken, deren Entlohnung sinnvoll geregelt sei, sondern die Ärzte.
Im Übrigen gebe es bereits Preiswettbewerb bei den frei verkäuflichen Medikamenten sowie beim Zusatzsortiment. Allerdings warnte Etgeton die Apotheken davor, mit ihren Anstrengungen zur Qualitätssicherung nachzulassen: „Sollte das Fremdbesitzverbot vor Gericht Bestand haben, wird so mancher versucht sein, sich in der bisherigen Struktur gemütlich einzurichten und sich nicht um mehr Beratungsqualität zu kümmern. Das wäre das Gegenteil dessen, was Verbraucher wollen.“
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