Lieferengpässe

DAT: Melderegister und Notfallvorrat

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Berlin -

Beim Deutschen Apothekertag (DAT) in München werden auch Lieferengpässe ein großes Thema sein. In verschiedenen Anträgen werden ein Verbot von exklusiven Rabattverträgen, bessere Rahmenbedingungen und eine Meldepflicht für die Hersteller gefordert. Aus Berlin und Nordrhein kommt der Vorschlag, eine staatliche Produktion von Impfstoffen einzurichten.

Die Apothekerkammern Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sowie Kammer und Verband Baden-Württemberg wollen den Gesetzgeber auffordern, das Ausmaß und die Ursachen von Lieferengpässen systematisch zu analysieren und konkrete Maßnahmen abzuleiten. Ziel müsse sein, dem Entstehen von Lieferengpässen vorzubeugen und bei entstandenen Engpässen Auswege zu finden.

Die Zahl der Arzneimittel, die über einen kürzeren oder längeren Zeitraum nicht erhältlich seien, habe in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen, heißt es in der Begründung zu dem Antrag. Zunächst seien Arzneimittel für die hochspezialisierte Versorgung betroffen gewesen, zum Beispiel Zytostatika. Inzwischen gebe es aber auch Engpässe im ambulanten Bereich, etwa bei Anibiotika, Antihypertonika, Schilddrüsenhormone und Impfstoffe.

Das Problem sei auf politischer Ebene bekannt, betonen die Apotheker mit Blick auf das Register des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Allerdings sei die Meldung von Engpässen für die Unternehmen zunächst freiwillig. Mehr Effizienz verspräche aus Sicht von Kammern und Verband eine Verpflichtung für die Hersteller, Engpässe zu melden. „Denkbar sind auch verpflichtende Vorgaben für die Vorratshaltung definierter lebensnotwendiger Arzneimittel“, heißt es weiter.

Auch die Rabattverträge werden kritisiert. Der Wechsel der Rabattpartner führe regelmäßig zu temporären Lieferproblemen. Dies verunsichere die Patienten und habe eine sinkende Adhärenz zur Folge. Die Apotheker fordern daher, Rabattverträge nicht mehr exklusiv mit einem Hersteller, sondern, analog zum Imfpstoffbereich, mit mindestens zwei Vertragspartnern abzuschließen. Dabei sollen beide Vertragspartner unterschiedliche Vorlieferanten haben.

Die Apotheker sehen auch in der zunehmenden Spezialisierung und der Konzentration auf immer weniger Hersteller Ursachen für Lieferengpässe. „Beim Ausfall eines Anbieters stehen immer weniger Alternativanbieter zur Verfügung“, so die Antragsteller. Kritisch ist aus ihrer Sicht auch die „bedenkliche Abhängigkeit“ von Produktionsstätten außerhalb der EU. Die Apotheker fordern, den Herstellern Rahmenbedingungen einzuräumen, die ihnen eine Wirkstoffproduktion im europäischen Raum ermöglicht und die Abhängigkeit vom Weltmarkt reduziert.

Apothekerkammer Berlin und Apothekerverband Nordrhein fordern die Bundesregierung und das Bundesgesundheitsministerium (BMG) außerdem auf, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, „dass den Apotheken für die nach der STIKO empfohlenen Schutzimpfungen in ausreichender Zahl Impfdosen zur Versorgung der Versicherten zur Verfügung stehen“. Die nationale Versorgung mit lebenswichtigen Impfstoffen sei sicherzustellen.

Zunehmende Ausschreibungen führten immer mehr zu einer Konzentration des Marktes. In der Regel komme nur ein Gewinner zum Zuge. Falle dieser Anbieter aus, könne es zu Versorgungsengpässen kommen, weil andere Hersteller nicht in der Lage seien, kurzfristig in ausreichendem Maß Impfdosen zur Verfügung zu stellen.

Aus Sicht von Kammer und Verband muss nicht nur die Schaffung einer nationalen Reserve geprüft werden, sondern auch, ob das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) oder andere Institutionen selbst Impfstoffe herstellen könnten.

Auch im Bereich der Antibiotika-Forschung soll der Staat aus Sicht der Apothekerkammer Berlin mehr Verantwortung übernehmen. In einem weiteren Antrag fordert die Kammer das BMG auf, „die Erforschung neuartiger Antibiotika als staatliche Aufgabe der Daseinsvorsorge zu erkennen und wirtschaftlich zu fördern“.

Das Problem liegt der Kammer zufolge darin, dass es für Pharmaunternehmen wirtschaftlich uninteressant sei, die Forschung auf diesem Gebiet zu intensivieren. Gleichzeit habe die Weltgesundheitsorganisation (WHO) aber eine bedrohliche Resistenzsituation festgestellt und gewarnt, dass die Menschheit in naher Zukunft Bakterien wieder schutzlos ausgeliefert sein könne.

Der dringenden Nachfrage stehe kein Angebot gegenüber. „Demzufolge ist ein Marktversagen festzustellen, das eine staatliche Intervention rechtfertigt“, so die Kammer.

Die Landesapothekerkammer Thüringen schließlich fordert im Zusammenhang mit Lieferengpässen eine verbindliche Meldung durch die Hersteller. Eine vollständige zentrale Erfassung der Engpässe fehle, kritisiert die Kammer. Bis zur Schaffung einer Meldepflicht schlägt die Kammer ein eigenes elektronisches Verzeichnis vor. Das soll unter Einbindung der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK).

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