Politikerbesuch

Apotheker: „Es gibt Leute, die an uns glauben“

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Berlin -

Der neue Bundestagsabgeordnete für Bochum, Serdar Yüksel (SPD), besuchte die Farma-plus Apotheke Glückauf vor Ort und sprach mit Apotheker Ramin Eslambolchi über die politische Situation der Branche. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen insbesondere Honoraranpassung, Versender und Kompetenzerweiterung.

Eines der vielen Themen, die der angestellte Apotheker mit dem Abgeordneten zur Sprache brachte, war der wachsende Einfluss des Versandhandels. Wie ungleich die Bedingungen zwischen Vor-Ort-Apotheken und Versendern sind, zeigte sich dabei schnell. Versandhändler stellten beispielsweise keine Rezepturen her, könnten auch keine Medikamente bei Engpässen austauschen oder mit den behandelnden Ärzten Rücksprache halten, erklärte der Apotheker seinen Gästen. Yüksel selbst habe angemerkt, dass Versender zudem keinen Notdienste leisteten. „Yüksel war selbst als Krankenpfleger tätig und hat Kontakte zu Ärzten und Apothekern in der Region“, so der Apotheker. Dadurch habe der Abgeordnete Einblicke in verschiedene Problemfelder erhalten. Er betonte, dass es nicht angehe, dass Versender nicht unter denselben Bedingungen arbeiten wie Apotheken.

Auch über die Honorierung wurde gesprochen. Die im Koalitionsvertrag versprochene Anpassung sei längst überfällig, das Apothekenhonorar sei seit über zehn Jahren nicht mehr angepasst worden, erklärte Eslambolchi. Angesichts massiv gestiegener Betriebskosten und neuer Aufgaben sei die Forderung auf 9,50 Euro eher maßvoll.

Eslambolchi hat dem SPD-Politiker auch eine eigene Idee zur wirtschaftlichen Stärkung der Apotheken vorgestellt: Neben der im Koalitionsvertrag angekündigten Erhöhungen sollte eine Grundsicherung für Apotheken eingeführt werden – für Vorhaltung, Klimatisierung, Strom, IT-Komponenten und Systeme. Insgesamt rund 1500 Euro pro Monat – „für die Vorhaltung des Apothekenangebotes“ und um die gesetzlichen Verpflichtungen zu decken.

„Wir haben über die Arzneimittelpreisverordnung gesprochen. Ich habe dargelegt, dass die Apotheken nur einen geringen Anteil von den Kosten, die die Krankenkasse trägt, bekommen – das meiste geht an die Hersteller.“ Auch über die Abschläge habe der Apotheker den Politiker informiert. Zum Thema Skonto-Verbot habe Yüksel erklärt, dass Skonti im Handel völlig normal seien und auch hier ein angemessenes Skonto sinnvoll sei, zumal es sich bei einer Rücknahme des Verbots um eine kostenneutrale Maßnahme handle.

Cannabis

Beim Gespräch in der Farma-plus Apotheke Glückauf kam auch das aktuell wieder viel diskutierte Thema Cannabis zur Sprache. Yüksel habe kein Problem mit Telemedizin oder Online-Verordnungen – solange es „im messbaren Rahmen“ bleibe. Die Offizin sei die erste persönliche Anlaufstelle. Der Politiker bezeichnete die Apotheken zudem als „sozialer Mittelpunkt im Stadtteil“. „Jedes Gramm, das wir jetzt in der Apotheke abgeben, wird sichtbar und nicht mehr“, betonte Eslambolchi. Würden wieder Einschränkungen eingeführt, werde nach seiner Einschätzung wieder mehr über den Schwarzmarkt abgegeben werden.

Kompetenzerweiterung

Deutlich wurde im Gespräch auch, wie viel ungenutztes Potenzial in den Apotheken steckt – Stichwort Kompetenzerweiterung. „Ich habe all diese Kompetenzen, aber darf sie nicht nutzen“, erklärte der Apotheker. Er wies darauf hin, dass Apotheken in akuten Fällen Salbutamolsprays oder Cortison abgeben könnten. Auch außerhalb der ärztlichen Sprechzeiten würden Apotheken unter Druck geraten, wenn ein Arzneimittel ausgetauscht werden müsse.

Eslambolchi erklärte auch, dass Apotheken Tests anbieten könnten – neben Covid-Tests auch STI-Tests für Chlamydien, Tripper oder ähnliche Erkrankungen. Impfungen waren ebenfalls Thema: „Bei Impfungen waren wir uns einig, dass die Bezahlung zu gering ist.“

Der Abgeordnete habe auch selbst Vorschläge mitgebracht: Er schlug vor, dass der Arztbrief, den Patienten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus erhalten, als Rezeptersatz zur Befähigung zur Packungsangabe der kleinsten verschreibungspflichtigen Menge eines Medikaments dienen solle. Außerdem begrüße er das englische Modell mit Folgeverordnungen.

Insgesamt bewertete Eslambolchi den Austausch als sehr positiv. Die Zuwendung des Politikers zur Branche sei deutlich spürbar: „Es gibt Leute, die an uns glauben.“

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