Gebärmutterhalskrebs

EMA: Kein Risiko durch HPV-Impfung

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Berlin -

Impfungen gegen das Humane Papillomavirus (HPV) führen nicht zu einem erhöhten Risiko des komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS) und des posturalen orthostatischen Tachykardiesyndroms (POTS). Zu diesem Schluss kommt die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) nach Abschluss einer Risikobewertung. Die Inzidenz gemeldeter Fälle nach einer HPV-Impfung unterscheidet sich demnach nicht von der Krankheitsrate der Allgemeinbevölkerung. Warnhinweise für HPV-Impfungen sind nicht zu erwarten.

Die EMA hatte das Verfahren auf Antrag der dänischen Zulassungsbehörde neu aufgerollt, nachdem der Pharmakovigilanzausschuss für Risikobewertung (PRAC) schon 2012 Meldungen über eine Häufung von CRPS und POTS bei jungen Frauen nach einer HPV-Impfung nachgegangen war. Nach eigenen Aussagen wurden alle verfügbaren Daten in Bezug auf CRPS und POTS ausgewertet. Dies schloss wissenschaftliche Forschung und klinische Studien ebenso ein wie Meldungen über Verdachtsfälle aus den Mitgliedstaaten. Außerdem wurden Experten und Patientengruppen konsultiert.

CRPS ist eine seltene neurologische Erkrankung, die zu Dystrophie und Atrophie von Armen oder Beinen führen kann. Charakterisch sind anhaltende regionale Schmerzen, Störungen der Hautdurchblutung und Schwitzen, Ödeme, Sensibilitätsstörungen, Störungen der Motorik einschließlich Bewegungseinschränkungen und trophische Störungen an Hautanhangsgebilden wie Haaren und Nägeln, im Bindegewebe, in Muskeln und Knochen.

Patienten mit POTS zeigen bei plötzlichem Aufstehen oder Aufrichten eine deutlich gesteigerte Herzfunktion bis hin zum Herzrasen, wobei der Blutdruck aber nicht erhöht ist. Als Symptome treten dadurch Schwindel, Übelkeit und Schwäche bis hin zur Bewusstlosigkeit auf.

Die Verdachtsmeldungen aus ganz Europa, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer HPV-Impfung eingegangen waren, wurden von der EMA mit CRPS/POTS-Fällen bei Mädchen der gleichen Altersgruppe (10 bis 17 Jahre) ohne Zusammenhang mit einer Impfung verglichen. Für beide Syndrome liegt die geschätzte Häufigkeit in der Allgemeinbevölkerung bei 150 Fällen pro einer Million Mädchen und jungen Frauen.

Die Anzahl der gemeldeten CRPS- und POTS-Fälle nach HPV-Impfung unterscheide sich nicht von dieser Rate, so die EMA. Daraus schließt die Behörde, dass die Impfung nicht für ein erhöhtes Risiko verantwortlich ist: Eine Aufnahme von Warnhinweisen in Packungsbeilage und Fachinformation sei daher nicht notwendig, hieß es.

Damit überwiege der Nutzen auch weiterhin die Risiken der HPV-Impfung. Weltweit sind mehr als 80 Millionen Mädchen und junge Frauen nach Aussage der EMA geimpft. Die Behörde betont die Wichtigkeit der Impfung zur Prävention von Gebärmutterhalskrebs. Noch immer sei die Krankheit verantwortlich für den Tod mehrerer zehntausend Patientinnen.

Formal muss die Risikobewertung noch von der EU-Kommission bestätigt werden; die Risikobewertung des PRAC stellt lediglich eine Empfehlung dar. Die Kommission entscheidet nun abschließend, ob aufgrund der aktuellen Daten eine Änderung der Produktinformation erforderlich ist.

In Deutschland wird die HPV-Impfung seit 2007 vom Robert-Koch Institut (RKI) für alle Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren empfohlen. Dafür stehen Gardasil von Sanofi Pasteur MSD und Cervarix von GlaxoSmithKline (GSK) zur Verfügung. Beide Impfstoffe sind unter anderem gegen die onkogenen HPV-Typen 16 und 18 wirksam. Eine andauernde Infektion mit diesen HPV-Typen verursacht etwa 70 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs, der dritthäufigsten Krebserkrankung junger Frauen in Deutschland im Alter zwischen 15 und 44 Jahren.

MSD hatte im Juni 2015 außerdem die Zulassung für Gardasil 9 erhalten. Der neue Impfstoff soll vor neun verschiedenen HPV-Typen schützen. Nach Herstellerangaben könnten so 90 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs durch HP-Viren und etwa 80 Prozent der hochgradigen zervikalen Läsionen weltweit verhindert werden.

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