Schwere allergische Reaktionen minimieren

Erdnussallergie: Pflaster für Kinder getestet

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Berlin -

In westlichen Ländern leiden etwa drei Prozent der Kinder an einer Erdnussallergie. Bereits kleinste Mengen an Erdnüssen können starke Reaktionen bis hin zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock auslösen. Für Betroffene kann die Allergie den Alltag erheblich erschweren: Viele Lebensmittel können nur mit Vorsicht genossen werden. Wissenschaftler:innen haben nun ein Pflaster mit Erdnussprotein getestet, das bei Kindern unter vier Jahren langfristig das Risiko schwerer allergischer Reaktionen senken könnte.

Immer mehr Kleinkinder leiden in Deutschland unter einer Erdnussallergie: Die Erdnuss gehört zu den häufigsten Allergenen bei Kindern und Jugendlichen. Gefährlich ist dabei, dass in zahlreichen Lebensmitteln Spuren von Erdnüssen enthalten sein können. Oft kann nur mit strenger Kontrolle der Ernährung und ständiger Angst vor einem anaphylaktischen Schock bei zufälligem Konsum von Erdnussallergen der Alltag bewältigt werden. Eine Erdnussallergie bleibt das ganze Leben bestehen und gilt als unheilbar. Für jüngere Kinder gibt es zudem derzeit keine Therapien zur Desensibilisierung. Bisher waren eine strikte Diät, extreme Vorsicht und ein Notfallset mit Adrenalin zur Selbstinjektion die einzige Hilfe für Betroffene. Ein Allergen-Pflaster könnte dies nun ändern.

Immuntherapie per Pflaster

Ein Team aus Wissenschaftler:innen um Dr. Katharina Blümchen, Mitarbeiterin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt, führte in einer internationalen Studie in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Frankfurt nun Untersuchungen an Kindern zwischen einem und drei Jahren durch. Erprobt wurde dabei eine Immuntherapie mit Erdnussallergen-beschichteten Pflastern an Kindern, die von einer Erdnussallergie betroffen sind.

Die Studie wurde von 2017 bis 2022 an 51 Standorten in acht Ländern durchgeführt, 307 Kleinkinder haben die Studie vollständig absolviert. Die Wissenschaftler:innen konnten dabei beobachten, dass die Reaktionsschwelle im Median um 900 mg Erdnussprotein – das entspricht drei Erdnüssen, nach zwölf Monaten Therapie angehoben werden konnte. Im Vergleich dazu konnte in der Placebo-Gruppe keine Anhebung der Reaktionsschwelle beobachtet werden.

In der Interventionsgruppe konnten etwa 37 Prozent der Kinder zum Studienende in der oralen Provokation eine gesamte Menge von 3444 mg Erdnussprotein konsumieren, bis eine allergische Reaktion auftrat. Das entspricht einer Menge von etwa elf Erdnüssen.

Hoffnung für Kleinkinder

„Die Studie gibt Hoffnung für Kleinkinder mit Erdnussallergie und für ihre Familien. Die Pflasterbehandlung hat sich als wirksam und sicher erwiesen. In einer weiteren Studie wird nun die Wirksamkeit und das Sicherheitsprofil des Pflasters bei vier- bis siebenjährigen Erdnussallergikern untersucht“, so Blümchen. Das „New England Journal of Medicine“ bezeichnete die Resultate als „gute Neuigkeiten für Kleinkinder mit Erdnussallergie“.

„Die Ergebnisse bedeuten einen echten Fortschritt in der Behandlung von Kleinkindern mit Erdnussallergie. Sie sind zudem ein Zeichen der erstklassigen Patientenversorgung in unserer Abteilung für Pneumologie, Allergologie, Infektiologie und Gastroenterologie. Durch die Möglichkeit, an international wegweisenden Studien teilzunehmen, können die hier betreuten Kinder fortschrittliche Therapien teils Jahre vor der eigentlichen offiziellen Zulassung des Medikaments erhalten“, so Dr. Jan-Henning Klusmann, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Frankfurt.

Einmal täglich aufkleben

Das in der Studie erprobte Allergen-Pflaster wurde einmal täglich zwischen den Schulterblättern aufgeklebt. Eine Wirkstoffmatrix enthielt 250 µg Erdnussprotein und lag somit unter der üblichen Erhaltungsdosis der oralen Immuntherapie, welche mit 300 mg Erdnussprotein ansetzt. Zum Baden oder Schwimmen mussten diese nicht abgenommen werden, was die Compliance im Alltag fördert.

Unerwünschte Ereignisse traten im Studienzeitraum bei beinahe allen Kindern auf, sowohl in der Placebo- als auch in der Interventionsgruppe. Dabei waren Hautreaktionen um das Pflaster am häufigsten, diese nahmen aber mit der Zeit ab. Alle aufgetretenen Reaktionen waren mild oder moderat. Die Studie konnte also auch die Sicherheit der Pflastertherapie belegen.

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