Vielversprechende Wirkung durch GLP-1

Demenz: Abnehmspritze als Gamechanger?

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Berlin -

Was, wenn ausgerechnet gespeicherter Zucker Nervenzellen schädigt – und GLP-1-Präparate einen neuen Therapieansatz bei Demenz bieten könnten? Forschende aus Kalifornien haben herausgefunden, dass Glykogen in Gehirnzellen zur Verklumpung des Tau-Proteins beiträgt – ein zentraler Prozess bei Alzheimer und frontotemporaler Demenz. „Gespeichertes Glykogen sitzt nicht einfach nur im Gehirn; es ist an der Pathologie beteiligt“, sagt Studienleiter Dr. Pankaj Kapahi.

Tauopathien wie Alzheimer und frontotemporale Demenz sind neurodegenerative Erkrankungen, bei denen sich das Tau-Protein im Gehirn krankhaft verändert, verklumpt und schädliche Ablagerungen bildet. Normalerweise stabilisiert das Tau-Protein die Struktur der Nervenzellen, indem es das Zytoskelett unterstützt. Durch die krankhafte Veränderung beeinträchtigt es jedoch die Zellstruktur und -funktion.

Glykogen dient im Körper vor allem als Energiereserve in Leber und Muskeln. Im Gehirn ist es hauptsächlich in Astrozyten gespeichert, einer Untergruppe der Gliazellen, die die Nervenzellen durch Nährstoffversorgung unterstützen und das Milieu regulieren.

Die Rolle von Glykogen in Nervenzellen wurde bisher kaum beachtet. Eine aktuelle Studie aus Kalifornien zeigt, dass in Modellen von Tau-Erkrankungen Nervenzellen ungewöhnlich viel Glykogen speichern. Dieses bindet direkt an das Tau-Protein, fördert dessen schädliche Aggregation und behindert den Abbau. Professor Pankaj Kapahi, Seniorwissenschaftler am Buck Institute, sagt dazu: „Gespeichertes Glykogen sitzt nicht einfach nur im Gehirn; es ist an der Pathologie beteiligt.“

Glykogen fördert Tau-Verklumpung

In verschiedenen Modellen – sowohl in der Fruchtfliege Drosophila melanogaster als auch in menschlichen Neuronen aus induzierten pluripotenten Stammzellen – fanden die Forschenden eine auffällige Anhäufung von Glykogen, die gemeinsam mit dem Tau-Protein auftrat. Bildgebende und biochemische Analysen belegen eine direkte Wechselwirkung, bei der Glykogen an Tau bindet, dessen Abbau hemmt und so einen Teufelskreis aus zunehmender Aggregation und zellulärer Dysfunktion auslöst.

Laut Forschungsteam beeinträchtigt der ausbleibende Abbau von Glykogen die zelluläre Stressantwort. Sie konnten im Rahmen der Studie zeigen, dass das Enzym Glykogenphosphorylase (GlyP) den Zuckerstoffwechsel in den Pentosephosphatweg lenkt, der für die Entgiftung schädlicher Sauerstoffverbindungen zentral ist. Eine gesteigerte GlyP-Aktivität stärke somit die zelluläre Schutzfunktion und trägt zur verbesserten Stressresistenz bei.

Sudipta Bar, Postdoktorand am Buck Institute und Studienleiter, erklärt: „Durch die Erhöhung der GlyP-Aktivität können die Gehirnzellen schädliche reaktive Sauerstoffspezies besser entgiften, wodurch Schäden reduziert und sogar die Lebensdauer der Tauopathie-Modellfliegen verlängert werden konnte.“

Kalorienreduktion und Medikamente als mögliche Therapien

Zudem zeigte sich, dass eine kalorienreduzierte Ernährung den Glykogenabbau auf natürliche Weise anregt und tauopathische Symptome in Tiermodellen lindert. Ähnlich lässt sich dieser Effekt laut der Wissenschaftler:innen mit dem Wirkstoff 8-Br-cAMP erreichen. Dieser Stoff ähnelt einem körpereigenen Botenstoff, aktiviert entsprechende Signalwege und verstärkt so den Glykogenabbau.

Kapahi ergänzt: „Diese Arbeit könnte erklären, warum GLP-1-Medikamente, die derzeit vor allem zur Gewichtsreduktion eingesetzt werden, vielversprechend gegen Demenz wirken – möglicherweise indem sie die Wirkung der Kalorienrestriktion nachahmen.“ Ähnliche Effekte wurden auch an menschlichen Nervenzellen von Patienten mit frontotemporaler Demenz beobachtet.

Die Studie mit dem Titel „Neuronal glycogen breakdown mitigates tauopathy via pentose-phosphate-pathway-mediated oxidative stress reduction“ wurde am Buck Institute for Research on Aging in Novato, Kalifornien, durchgeführt und kürzlich in Nature Metabolism veröffentlicht.

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