Kölner Pro Vita Apotheke

Neue Einbahnstraße raubt 30 Prozent Umsatz

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Berlin -

Ewa Gorissen, die Inhaberin der Kölner Pro Vita Apotheke, ist sauer: Während die neue Einbahnstraßenregelung in der Venloer Straße in Köln-Ehrenfeld den Verkehr beruhigen und für Fahrradfahrer:innen attraktiver machen soll, haben die Geschäftsleute das Nachsehen. Ohne große Ankündigung gelte die Einkaufsstraße seit dem 23. Oktober als Einbahnstraße. Der Apotheke, die sich unter anderem mit ihren langen Öffnungszeiten und ihrem besonderen Konzept einen Namen gemacht hat, schlägt das ordentlich aufs Geschäft.

Gorissens Kunden müssen nun teilweise einen Umweg von mehr als zwei Kilometern zur Apotheke durch die Stadt auf sich nehmen. Ihr Personal muss zusätzlich häufig erklären, wie man denn nun zur Apotheke kommt. „Ich bin wirklich ein umweltfreundlicher Mensch, ich fahre selbst gern Fahrrad“, so die Inhaberin. „Aber wer krank ist, der kommt nicht mit dem Fahrrad.“ Was sie aber ganz besonders ärgert, ist, dass die Grüne Bezirksregierung von Köln-Ehrenfeld diese Regelung einfach über die Köpfe der Menschen hinweg getroffen habe. „Das ist wirklich unmöglich, was hier gerade passiert.“

Der Apothekerin selbst fiel die neue Regelung zunächst gar nicht auf. Erst als sie den zurückgehenden Umsätzen zum Ende des vergangenen Jahres nachging, ließ sich das schnell mit der veränderten Verkehrssituation erklären. „Ich hatte etwa 30 Prozent Kundenrückgang, kein Weihnachtsgeschäft.“ Lange Zeit habe es zusätzlich auch noch auf der zweiten Einbahnstraße, auf deren Ecke mit der Venloer Straße sich die Apotheke nebst der Drogerie dm und Kaufland befindet, eine Baustelle gegeben. „Ich hatte im vergangenen Jahr kein Umsatzwachstum wie sonst die früheren Jahre. Das ist einfach ein Drama.“

Die Kölner Stadtverwaltung will mit der Änderung „Konflikte zwischen den Verkehrsteilnehmer:innen minimieren und die Verkehrssicherheit für den Fuß- und Radverkehr erhöhen“. Der Autoverkehr soll reduziert „und damit die Aufenthaltsqualität auf der zentralen und lebendigen Geschäftsstraße in Ehrenfeld erhöht werden“, heißt es. Dazu gehören nun auch große Holzbänke als Sitzgelegenheit – nur stehen diese leider da, wo die Großhändler die Pro Vita Apotheke sonst immer beliefert haben. Für die Inhaberin kommen hier gerade viele Themen zusammen, die sie wirklich aufregen.

Kommunikation kam nicht an

Ihr fehlt, dass sich die Politik hier nicht mit den Gewerben zusammengesetzt hat, sie nicht einbezogen hat. „Ich habe nichts gewusst, niemand wurde informiert.“ Laut der Stadt Köln ist die Öffentlichkeit hingegen vorbereitet worden. Die Verwaltung habe bereits einige Wochen vor Start des Verkehrsversuches darüber informiert. Seit Ende September gebe es Hinweisschilder auf den Haupteinfallstraßen. Auf großflächigen Werbeanlagen im Umfeld der Venloer Straße sei ebenfalls darauf hingewiesen worden. Zusätzlich habe es eine Informationsveranstaltung gegeben sowie Postwurfsendungen. Auch die Gewerbetreibenden seien persönlich besucht und über die Änderungen informiert worden, so die Stadt.

Apothekerin Gorissen hofft nun, dass der Umsatzrückgang irgendwie abzufedern ist. Ihre Apotheke sei groß und stark genug, das zu überleben, aber: „Meine Kosten steigen. Ich habe das aufgebaut, ich bin hier eine Marke. Ich hoffe, ich kann meine Öffnungszeiten halten.“ Von anfänglich fünf Mitarbeitenden ist ihr Team inzwischen auf 30 Köpfe gewachsen, mit ihren Öffnungszeiten von Montag bis Freitag von 8 bis 24 Uhr und samstags von 8 bis 22 Uhr hat sich Gorissen in Köln einen Namen gemacht. Zusätzliche Standbeine wie Heimbelieferung lehne sie grundsätzlich ab, um sich voll und ganz auf das direkte Geschäft mit ihren Kunden konzentrieren zu können. „Ich werde das überleben, aber es ist sehr traurig.“ Sie hätte die Apotheke damals gar nicht gekauft, wenn sie gewusst hätte, dass die Straße zur Einbahnstraße wird.

Rechtsanwalt ist eingeschaltet

Dass sie als Selbstständige hier so ausgeliefert ist, macht sie fassungslos. „Da kann man nicht locker drüber hinweggehen. Das kann ich nicht mit zusätzlichen Anstrengungen ausgleichen, wenn man mir einfach ein Drittel meiner Kunden nimmt. Ich habe investiert, in alles, in die Apotheke, ins Personal.“ Die Bedeutung der Neuregelung für die Geschäftstreibenden hätten die Verantwortlichen bei der Umstrukturierung offenbar nicht im Blick gehabt. „Das ist eine Handelsstraße. Wenn man das auf 700 Metern macht, dann will man, dass die Geschäfte schließen.“

Wie andere Händler:innen der Venloer Straße hat auch sie rechtliche Schritte gegen den Verkehrsversuch eingeleitet und einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Sie hofft, dass dieser beispielsweise irgendwelche Verfahrensfehler ausfindig machen kann, die zur Rücknahme der Einbahnstraßenregelung führen. Nachdem sie erst dachte, das Problem würde sich schnell von allein lösen, hat sie nun weiter in ihren Botendienst investiert. „Mein Gewinn hat sich halbiert im vergangenen Jahr. Meine Apotheke ist mein Hobby, ich liebe meine Apotheke.“ Für sie war der Entscheid zur Einbahnstraße eine Entscheidung gegen ihre geschäftliche Existenz.

Aktuell ist für 2025 eine Auswertung des Versuchs und eine Entscheidung über die zukünftige Verkehrssituation vor Ort geplant.

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