Filialschließung in Sachsen

„Ein trauriger Einschnitt“

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Berlin -

Inhaberin Anke Herbst (56) aus Mylau muss eine ihrer Filialen schließen. Das Aus der Schloss-Apotheke habe sich wirtschaftlich gesehen bereits seit einiger Zeit angekündigt. Nun ist die Entscheidung gefallen: Ende September ist Schluss.

Eigentlich wollte sie nie Apothekerin werden. Anke Herbst ist in Sachsen-Anhalt aufgewachsen und hegte von Kindebeinen an den Wunsch, Tierärztin zu werden. Folglich bewarb sie sich auf einen Studienplatz für Veterinärmedizin. Dies sei jedoch zu DDR-Zeiten nicht ganz einfach gewesen – man habe vorzugsweise männliche Kandidaten angenommen. Anke Herbst erhielt trotz bester Noten eine Absage und sollte für ein Jahr ein Praktikum in der Landwirtschaft machen. Doch es sollte anders kommen.

Pharmaziestudium per Zufall

„Damals konnten Betriebe ihre Mitarbeiter:innen zum Studium delegieren, wenn sie jemanden mit entsprechender Qualifikation brauchten“, erzählt die Apothekerin. „Dem Serumwerk Bernburg ist damals ein Kandidat abgesprungen und somit wandte sich die Firma an die Schule, an der ich mein Abitur absolvierte. Sie suchten jemanden, der Pharmazie studieren würde.“ Lange überlegt habe Herbst nicht – Sie sagte kurzerhand zu und fing an, 1987 in Halle Pharmazie zu studieren. Eine Entscheidung, die sie keine Sekunde bereut. Ganz im Gegenteil: „Es war ja ohnehin nicht klar, ob ich überhaupt jemals Veterinärmedizin hätte studieren können. Und möglicherweise wäre ich sowieso zu weich dafür gewesen. Nein, ich bin wirklich sehr zufrieden mit meinem Beruf.“

Nach acht Semestern ging sie für ihr praktisches Jahr nach Remscheid und blieb auch nach der Approbation 1992 noch für ein weiteres Jahr dort. Anschließend zog es sie zurück in die Heimat, wo sie als angestellte Apothekerin in Bernburg arbeitete. Der Liebe wegen landete sie schließlich in Lengenfeld. Ihren Partner, Ulrich Stahn, lernte sie bereits während des Studiums kennen. Auch er ist Apotheker. Während er von vornherein den Plan der Selbstständigkeit verfolgte, widmete sich Herbst neben der Arbeit im Angestelltenverhältnis dem Familienleben mit drei kleinen Kindern.

Erst Familie, dann die Selbstständigkeit

Auf die erste Apothekenübernahme aus der Familie von Ulrich Stahn folgten sukzessive drei Filialen, wie auch die Schloss-Apotheke in Mylau, die er 2012 annahm und acht Jahre später an Anke Herbst übergab. Inzwischen waren die Kinder aus dem Gröbsten raus, weshalb sie sich bereits 2017 entschloss, die Alte Apotheke in Lengenfeld zu übernehmen. Auch für eine weitere ergab sich die Gelegenheit. Inzwischen betreibt das Paar insgesamt sieben Apotheken. Noch. Denn für die Schloss-Apotheke ist zum 30.09. Schluss. „Das fällt mir sehr schwer. Es steckt wirklich viel Herzblut in so einem eigenen Geschäft. Ich habe lange versucht, die Apotheke zu halten. Es ging schon seit einiger Zeit nicht sonderlich gut“, gibt sie zu. „Probleme hat mal ja immer mal – und dazu Lösungen, aber so eine Schließung ist schon ein trauriger Einschnitt.“

Bisher habe man immer das Glück gehabt, eröffnen zu können. „Jetzt schließen wir. Da geht es einem definitiv anders. Das fühlt sich nicht so schön an.“ Auch die Kundschaft sei überaus traurig über die Schließung der freundlichen Dorf-Apotheke. Trotz das schon seit 2015 keine Ärzteschaft mehr in Mylau ansässig ist, seien die Patient:innen treu geblieben.

Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben

Die alten Räumlichkeiten der Apotheke unterliegen einem Renovierungsstau, berichtet Herbst. „Man hätte jetzt nochmal sehr viel investieren müssen. Heizung, Beleuchtung, die gesamte Elektrik ist nicht mehr auf dem neuesten Stand.“ In den letzten Monaten seien bekanntermaßen überall die Kosten explodiert, die Kaufkraft habe allerdings entsprechend nachgelassen. Aufwändige Modernisierungsarbeiten würden sich für die Schloss-Apotheke nicht rechnen. „Das gibt sie leider in diesen Zeiten nicht her. Die Schließung war unvermeidbar.“ Was nun aus dem Räumen wird, sei momentan nicht klar.

Auch wenn die Zeiten momentan sehr nervenaufreibend sind – es ist ein schöner Beruf und ich würde mich wieder dafür entscheiden.

Die Personaldecke sei ebenfalls dünn gewesen. „Auch uns fehlen die Fachkräfte. Aus diesem Grund dürfen unsere Mitarbeiter:innen selbstverständlich sehr gern im Verbund bleiben, sofern sie das wünschen.“ Herbst zeigt sich erleichtert: „Glücklicherweise stehen die Zeichen diesbezüglich bisher sehr gut.“

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