Porträt

Von Weinsäure zu Thomapyrin

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Der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim hat am Wochenende sein 125-jähriges Bestehen gefeiert. Der Hersteller ist eigenen Angaben zufolge das größte Pharmaunternehmen in Familienbesitz weltweit. Unter den deutschen Pharmakonzernen nimmt die Firma aus Rheinland-Pfalz Platz 2 ein. Begonnen hat alles mit Weinsäure.

Albert Boehringer kaufte 1885 von einem Mainzer Fabrikanten eine Weinsteinfabrik in Nieder-Ingelheim, in der 28 Mitarbeiter Tartrate für Apotheken und Färbereien herstellten. Acht Jahre später machte Boehringer eine Entdeckung: Bei Versuchen zur Herstellung von Zitronensäure entstand mittels unerwünschter Gärung Milchsäure. Das Unternehmen wurde führender Hersteller - und profitierte von der Nachfrage der Leder-, Textil- und Lebensmittelindustrie.

Das erste Markenarzneimittel von Boehringer, das Schmerzmittel Laudanon, wurde 1912 eingeführt. Es handelte sich um ein Analgetikum auf der Basis von sechs Opioidalkaloiden. Es folgen zahlreiche Fertigarzneimitel. Heute zählen die Marken Thomapyrin, Silomat, und Mucosolvan zu den bekanntesten Boehringer-Produkten.

Beim Tode von Albert Boehringer im Jahr 1939 hatte das Unternehmen eine Belegschaft von 1500 Mitarbeitern. Seine beiden Söhne Albert junior und Ernst sowie sein Schwiegersohn Julius Liebrecht übernahmen das Familienunternehmen. Heute zählt Boehringer weltweit 40.529 Mitarbeiter, davon 10.854 in Deutschland.

Zu den Schattenseiten der Unternehmensgeschichte zählte der Dioxin-Skandal in den 1950er Jahren. Betroffen war das Werk in Hamburg-Moorfleet. Bei der Herstellung von Pflanzenschutzmitteln entstand nach Unternehmensangaben unbemerkt eine unbekannte Dioxinverbindung (2,3,7,8 Tetrachlordibenzodioxin) - die giftigste von allen. Das fiel erst auf, als Mitarbeiter an Chlorakne erkrankten. Die Produktion der Pflanzenschutzmittel (T-Säure) wurde 1954 gestoppt und 1957 mit einem neuen Verfahren wieder aufgenommen, das laut Boehringer sicherer war. Die Mitarbeiter wurden entschädigt.

Im Jubiläumsjahr muss Boehringer einen Rückschlag hinnehmen. Weil Patente für Medikamente in den USA auslaufen, bricht Umsatz weg: Im ersten Halbjahr sanken die Erlöse um rund 3 Prozent auf 6,2 Milliarden Euro. Das Unternehmen, das zehn Jahre lang stärker als der Markt wuchs, rechnet 2010 mit Stagnation oder sinkenden Erlösen. 2011 soll es wieder aufwärtsgehen.

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