30 g Wirkstoff ohne Rezept

Versender dürfen Paracetamol bündeln

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Berlin -

Die Einnahme zu großer Mengen Paracetamol kann schnell gefährlich werden. Daher sind nur Packungen mit bis zu 10 g Wirkstoff für die Selbstmedikation erlaubt. Der Versender Apo.com verkaufte diese als Dreier-Bundle – und das Landgericht Frankfurt (LG) sah wegen des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift darin kein Problem.

Laut Anlage I zur Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) ist Paracetamol von der Verschreibungspflicht ausgenommen, sofern es um Präparate „zur oralen Anwendung zur symptomatischen Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen oder von Fieber oder zur Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen und von Fieber in einer Gesamtwirkstoffmenge von bis zu 10 g je Packung“ geht.

Apo.com bot seine Eigenmarke als Bundle zu zwei oder drei Packungen à 20 Stück an, also im Prinzip 20 beziehungsweise 30 g Wirkstoff. Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) ging dagegen vor, doch das LG sah keinen Spielraum. Der Wortlaut sei eindeutig, die Vorgabe laut AMVV beziehe sich auf die Gesamtwirkstoffmenge in einer Packung und schreibe gerade nicht vor, wie viele Packungen insgesamt abgegeben werden dürfen. „Solange jede einzelne Packung die Grenze von 10 g nicht überschreitet, ist das Medikament nicht verschreibungspflichtig. Dies gilt unabhängig davon, ob die Packungen einzeln oder zu einem ermäßigten Preis zusammen gekauft werden.“

Auch wenn mehrere Packungen zusammen günstiger seien als der Einzelerwerb, stelle dies keinen Verstoß gegen die AMVV dar, solange die gesetzlich erlaubte Gesamtmenge an Paracetamol pro Packung nicht überschritten werde. „Dies ist vorliegend nicht der Fall.“

Die Kammer hatte auch einen Verstoß gegen die Prüfpflicht nach § 17 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) gesehen, wonach das pharmazeutische Personal einem erkennbaren Arzneimittelmissbrauch in geeigneter Weise entgegenzutreten und bei begründetem Verdacht auf Missbrauch die Abgabe zu verweigern hat. Apo.com verstoße gegen diese Verpflichtung, indem Arzneimittel, bei denen derartige Gefahren bestünden, in Gebindegrößen zusammengefasst würden, die vom Hersteller selbst gar nicht angeboten würden.

Das sah das LG ebenfalls anders: „Nach Auffassung der Kammer ist nicht anzunehmen, dass die Abgabe von drei 20er-Packungen Paracetamol in einem Bundle per se zu der Annahme eines erkennbaren Arzneimittelmissbrauch führt. Auch begründet der Erwerb eines solchen Bundles durch einen Verbraucher nicht per se einen begründeten Verdacht auf Missbrauch.“ Vielmehr sei der Vortrag von Apo.com „plausibel und realitätsnah und entspricht auch den Erfahrungen des Gerichts“, dass Verbraucher im Versandhandel auf Vorrat bestellten, mitunter auch für mehrere Familienmitglieder. Auch in einer stationären Apotheke sei grundsätzlich der gleichzeitige Erwerb von mehreren Packungen Paracetamol möglich – „gegebenenfalls nach entsprechender Begründung durch den Kunden“.

Durch die Bündelung und die damit verbundene Preisersparnis würden Verbraucher auch nicht dazu verleitet, übermäßig Arzneimittel zu erwerben. Einerseits werde nicht werblich herausgestellt, dass beim Bundle die Einzelpackung günstiger sei. Andererseits würden Verbraucher auch nicht von einer sachlichen Prüfung des Angebots abgelenkt und zu einem übermäßigen Kauf und Konsum von Paracetamol verleitet. „Jedenfalls bei einer Menge von drei Packungen sieht die Kammer noch keinen durchgreifenden Grund, anzunehmen dass dadurch die Verbraucher diese Arzneimittel kaufen und einnehmen, ohne dass eine sachliche Prüfung anhand der therapeutischen Eigenschaften der Arzneimittel und des konkreten medizinischen Bedarfs vorgenommen worden wäre.“

Dies möge bei einem Bundle von noch mehr als drei Packungen anders zu bewerten sein. „Jedoch bedarf es hier keiner Entscheidung, ab wann eine unzulässige Bundle-Größe anzunehmen ist.“

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