Wo ist die Präsenzapotheke?

Länderliste: Foto-Battle zu Shop Apotheke

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Berlin -

Entsprechen die niederländischen Versender den Vorgaben der Länderliste? Diese Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich wieder aufgeworfen. Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) hatte in einem früheren Verfahren bereits Fotos vorgelegt, die zeigen sollen, dass am Standort von DocMorris für externe Besucher keine Präsenzapotheke zu finden ist. Auch die Freie Apothekerschaft (FA) hat zu ihrer Klage gegen die Bundesrepublik entsprechende Aufnahmen von den Industrieanlagen von DocMorris und Shop Apotheke eingereicht. Aktuell unternimmt IhreApotheken.de (iA.de) einen neuen Anlauf. Doch Redcare hält dagegen.

Gemäß § 73 Arzneimittelgesetz (AMG) führt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine sogenannte „Länderliste“; zuletzt wurde diese vor 14 Jahren aktualisiert. Danach bestehen „dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards“ in den Niederlanden, „soweit Versandapotheken gleichzeitig eine Präsenzapotheke unterhalten.“

In der Klage gegen Shop Apotheke stellt iA.de genau das in Abrede, weil man nur als angemeldeter Besucher über eine Pforte überhaupt auf das umzäunte Betriebsgelände kommt. Dagegen pocht Redcare darauf, am Standort sehr wohl eine Präsenzapotheke zu unterhalten. „Die Spekulationen der Klägerin sind falsch und ausdrücklich zurückzuweisen“, heißt es im Schriftsatz. „Konkret befindet sich die Präsenzapotheke am Standort der Beklagten (Erik de Rodeweg 11-13, 5975 WD Sevenum) und ist auch für den Kunden (direkt am Eingang) durch ein weißes Kreuz auf grünem Hintergrund hinreichend klar ausgeschildert.“

Auf dem Beweisfoto ist tatsächlich ein Hinweis auf „Redcare Pharmacy“ zu sehen, allerdings nicht mit dem Logo der Versandapotheke, sondern mit dem erwähnten Kreuz. Das weiße Kreuz auf grünem Rahmen – das internationale Logo für Apotheken ist eigentlich ein grünes Kreuz auf weißem Grund – steht allerdings neben der Anfahrtbeschreibung für Lkw. Neben dem für Besucher eher relevanten Symbol eines Pkw ist nur der Hinweis auf einen Parkplatz zu finden.

Ein weiteres Foto zeigt ein grünes Kreuz an der Ecke einer größeren Halle. „Durch das grüne Kreuz ─ als internationales Zeichen für den Betrieb einer Apotheke ─ ist klar erkennbar, wo sich die Präsenzapotheke befindet. Konkret an der linken Ecke des Gebäudes, auf die man als Kunde zufährt“, heißt es weiter. „Gegenüber der Präsenzapotheke befinden sich auch ausgewiesene Kundenparkplätze.“

„Ihre Apotheke hier“

Direkt gegenüber befinde sich der Eingang zur Präsenzapotheke. Dort ist laut einem weiteren Foto ebenfalls ein grünes Kreuz auf einem weißen Schild mit der Aufschrift „Apotheek“ angebracht, im Schaufenster befindet sich noch ein grünes Kreuz mit dem Schriftzug „Shop-Apotheke“ – anders als im Firmennamen hier mit Bindestrich geschrieben. Zusätzlich befindet sich einem Stromkasten vor der Apotheke ein weiteres Schild, diesmal mit dem Redcare-Logo und dem Schriftzug „Uw Apotheek hier“ („Ihre Apotheke hier“).

Schließlich wird noch ein Foto von der Eingangstür gezeigt, wo es einen Hinweis auf zwei kooperierende Vor-Ort-Apotheken für „Anfragen außerhalb der Öffnungszeiten – dringende Rezepte“ gibt. Darunter sind Öffnungszeiten von Redcare Pharmacy angegeben: Montag bis Freitag 8 Uhr bis 16:30 Uhr.

„Die Präsenzapotheke der Beklagten wird regelmäßig offengehalten […] und wird von Endkunden aufgesucht, die dort niederländische Arzneimittel (OTC und Rx-Arzneimittel) erwerben“, heißt es im Schriftsatz.

Redcare weist auch die „böswilligen Spekulationen“ von iA.de zur pharmazeutischen Prüfung der Arzneimittelpakete durch nicht pharmazeutisches Personal „entschieden zurück“, da diese nicht der Wahrheit entsprächen. Man beschäftige selbstverständlich auch pharmazeutisches Personal, welches nicht nur Kunden berate, sondern auch die eingehenden Bestellungen und Rezepte prüfe („sogar Vier-Augen-Prinzip“) und eine pharmazeutische Endkontrolle vornehme, bevor Arzneimittel zum Versand freigegeben würden. „Allgemeine Stellenanzeigen der Beklagten, die unter anderem auch nicht pharmazeutisches Personal für reine Lagertätigkeiten sucht und beschäftigt (ohne Arzneimittelbezug), können insoweit keinen Zweifel an der Qualität der eingesetzten Mitarbeiter begründen.“

Keine Fotos von Innenräumen

In der Klage von iA.de ging es ursprünglich um die Kooperation mit Zava; auch gegen den Mitbewerber Gesund.de ging iA.de deswegen vor Gericht. Was die angebliche Präsenzapotheke angeht, könnte es im Verfahren also noch spannend werden. Fotos von den Innenräumen liefern die Redcare-Anwälte jedenfalls nicht, stattdessen werden zwei Mitarbeitende als Zeugen benannt, um im Prozess die Schilderungen zu bestätigen. Der Prozess findet vor dem Landgericht Frankfurt statt.

Im Verfahren der AKNR gegen DocMorris hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf kein Problem mit der eher unscheinbaren vermeintlichen Präsenzapotheke gehabt: Dass die „Apotheek“ lediglich aus einem kleinen Nebenraum bestehe, dort nur eine beschränkte Auswahl von Arzneimitteln erworben werden könne und vor allem Mitarbeiter und Angestellte der umliegenden Unternehmen dort Arzneimittel kauften, stehe der Einordnung der Apotheke als „Präsenzapotheke“ nicht entgegen, so das OLG. Auch der Umstand, dass außerhalb des Betriebsgeländes kein Hinweis auf eine öffentliche Apotheke vorhanden sei, führe nicht dazu, dass die „Apotheek“ nicht die Anforderungen der Länderliste erfülle.

„Es ist ausreichend, dass die Apotheke in den Niederlanden registriert ist, sie öffentlich zugänglich ist und dort Arzneimittel von jedermann direkt erworben werden können“, so das OLG. Genau das Thema hatte zuletzt der BGH aber noch einmal aufgemacht.

 

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