Die italienischen Apotheken müssen sich möglicherweise auf ein weiteres Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einstellen. Der Staatsrat, die höchste verwaltungsgerichtliche Instanz in Italien, legte Ende April den Richtern in Luxemburg einen Streit um die Niederlassung von Apotheken vor. Der EuGH prüft derzeit, ob er das Vorabentscheidungsersuchen annimmt. Sollte das Gericht sich mit der Sache befassen, steht das italienische Apothekenrecht gleich zweifach in Luxemburg auf dem Prüfstand.
Anders als in allen anderen Vertragsverletzungs- und Vorlageverfahren geht es diesmal nicht um die Durchsetzung eines freien Marktes, sondern um die Sicherstellung der Versorgung und den Verbraucherschutz. Ein Apothekeninhaber in der Lombardei hatte sich 2003 bei der Vergabe einer Lizenz an einen Mitbewerber über die Nichteinhaltung des Mindestabstandes von 3000 Metern beschwert und geklagt. Für kleinere Gemeinden und ländliche Gebiete gibt es in Italien eine genaue Kontingentierung der Apotheken und vorgeschriebene Mindestabstände.
In dieser Regelung sehen die höchsten italienischen Verwaltungsrichter allerdings jetzt offenbar ein Problem, da diese ihrer Meinung nach zu einer künstlichen Verknappung der Apotheken in ländlichen Gebieten führen können. Der Staatsrat will jetzt überprüfen lassen, ob die beiden Artikel des entsprechenden Gesetzes mit den Paragraphen 152 und 153 des EG-Vertrags zur Sicherung der Gesundheitsvorsorge und zum Verbraucherschutz übereinstimmen oder nicht.
Die italienischen Apotheker argumentieren jedoch genau anders herum: Kontingentierung und Mindestabstände seien gerade deswegen eingeführt worden, um auch Apotheken in abgelegenen Gebieten zu ermöglichen und ihnen einen Mindestbestand an Kunden zum Überleben zu garantieren. Nur auf diese Weise habe Italien momentan ein flächendeckendes Netz an Apotheken. Außerdem werde von den Behörden mittels Verteilungsplan genau vorgeschrieben, wo eine Apotheke eröffnet werden muss, um eine gute Erreichbarkeit für die Patienten zu garantieren. „Fällt dies, wird sich meiner Meinung nach die Anzahl der Apotheken auf dem Land eher verringern, da jeder sich auf die größeren Orte konzentrieren wird“, so ein italienischer Apotheker gegenüber APOTHEKE ADHOC.
Im bereits beim EuGH anhängigen Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien geht es dagegen um das Fremdbesitzverbot sowie das ehemalige Beteiligungsverbot für Großhändler an kommunalen Apotheken. Offenbar geht der Fall auf eine Beschwerde des Pharmahandelskonzerns Celesio zurück, der im Sommer 2004 bei der EU-Kommission italienische Vorschriften moniert hatte.
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