Das OTC-Angebot bei dm verärgert viele Inhaberinnen und Inhaber. Michael Hahn aus Solms sind vor allem die Kampfpreise des neuen Versandablegers der Drogeriekette ein Dorn im Auge. Der Inhaber der Taunus-Apotheke schrieb einen Brief an alle Außendienstmitarbeitenden der Firmen, die für ihn bei dm-med hervorstechen. Es sei zwar nicht die persönliche Schuld der Mitarbeitenden, das Vorgehen der Hersteller sei aber nicht akzeptabel. Einzelne Unternehmen meldeten sich bereits zurück.
Hahn betont in dem Schreiben, dass er sich bewusst an die Außendienstler wende. Natürlich wisse er, dass sie persönlich „keinerlei Verantwortung für die strategischen Entscheidungen Ihres Unternehmens tragen“. Dennoch könne er das Vorgehen der Hersteller nicht unkommentiert lassen.
„Mit großem Unverständnis und erheblicher Verärgerung habe ich zur Kenntnis genommen, dass Ihr Unternehmen seit Kurzem die von dm unterstützte Versandapotheke aktiv beliefert beziehungsweise diese Plattform unterstützt“, schreibt er. Bei dm-med handele es sich „nicht um eine Apotheke im Sinne des deutschen – geschweige denn des Apothekenrechts, wie wir es seit Jahrzehnten kennen, verteidigen und täglich mit hohem persönlichem, fachlichem und wirtschaftlichem Einsatz leben“, betont er.
Dass ein Unternehmen, das regelmäßig die „Partnerschaft mit den Apotheken vor Ort“ betone, gleichzeitig Strukturen unterstütze, die genau diese Apotheken weiter unter Druck setzen, sei ein klarer „Widerspruch und Vertrauensbruch“. Vor-Ort-Apotheken übernähmen tagtäglich Verantwortung: „Für die sichere Arzneimittelversorgung, für persönliche Beratung, für Nacht- und Notdienste, für die Herstellung individueller Rezepturen für Haftung, Dokumentation und regulatorische Auflagen“. Diese Leistungen würden durch solche Plattformen nicht ersetzt, sondern systematisch unterlaufen. „Mit Unterstützung genau jener Industrie, die von der Infrastruktur der Apotheken vor Ort seit Jahrzehnten profitiert.“
Der Inhaber kündigte an, „konsequente unternehmerische Entscheidungen“ zu treffen und die Zusammenarbeit „kritisch“ zu überprüfen und betroffene Produkte nicht mehr aktiv unterstützen beziehungsweise perspektivisch aus dem Sortiment zu nehmen. „Ich möchte ausdrücklich klarstellen: Dies ist keine persönliche Kritik an Ihnen oder Ihrer Arbeit. Im Gegenteil – die Zusammenarbeit auf operativer Ebene war stets korrekt und professionell. Mein Appell richtet sich ausschließlich an die verantwortlichen Entscheidungsträger Ihres Unternehmens, die offenbar den langfristigen Schaden für die Apothekenlandschaft in Kauf nehmen.“
Sollte ein „klares Umdenken auf Unternehmensebene erkennbar“ sein und die Unterstützung solcher Modelle beendet werden, würde er einlenken. „Eine echte Partnerschaft mit Apotheken vor Ort sieht für mich anders aus.“
Auf das Schreiben hätten sich in kurzer Zeit mehrere Hersteller zurückgemeldet. Bei Aristo habe es geheißen, man nehme die Situation ernst. Andere Firmen wie Nattermann/Opella hätten sich betroffen gezeigt. „Der Umgang war respektvoll und verständnisvoll“, sagt Hahn. Bei anderen Firmen sei die Rückmeldung „überheblich und arrogant“ gewesen. Der allgemeine Tenor mehrerer Firmen: „Viele schieben die Verantwortung an den Großhandel weiter. Sie argumentieren, dass ohnehin alles über den Großhandel läuft. Diese Haltung wirkte ausweichend und hat zusätzlich Frustration ausgelöst.“