„Das Geschäft ist verlockend“

dm-Chef über Kirschen und Apotheken

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Berlin -

In Kürze will dm in den OTC-Versandhandel einsteigen, parallel werden diagnostische Angebote aufgebaut. Die Vorbereitungen laufen seit mehr als einem Jahr, das Narrativ ist stets dasselbe: Die Defizite im Gesundheitswesen schaffen Raum für neue Anbieter. Konzernchef Christoph Werner und seine Kommunikationsprofis überlassen nichts dem Zufall. Jetzt hat der CEO dem „Manager Magazin“ seine Gedanken in den Block diktiert.

Schon das Setting spiegelt wider, wie Werner sich gerne dargestellt sehen will: Büros und Flure in der Konzernzentrale in Karlsruhe sind schon leer, als er gegen 19 Uhr aus einer Vorstandssitzung kommt und zum Gespräch bittet, so beginnt der Beitrag. Wer ihn denn als Endgegner bezeichne, versteht er gleich die erste Frage angeblich nicht. Teile der Apothekenlobby, souffliert der Reporter. Bislang sei diese Zuordnung doch eher Amazon vorbehalten gewesen.

Dann beginnt Werner mit seinem Vortrag: Man gehe in diesen Markt mit einer klaren Kundenorientierung und nicht, weil man sich frage, was das für die Apothekenlandschaft bedeute. „Wir beobachten den demografischen Wandel, das wachsende Bedürfnis, länger aktiv zu bleiben, das steigende Interesse junger Menschen, sich mit ihrer mentalen und körperlichen Fitness zu beschäftigen. Für uns bedeutet das: Die Kundenbedürfnisse verändern sich, und wenn wir uns ebenfalls verändern, sehen wir für uns große Chancen im Gesundheitsbereich.“

All das hat er schon mehrfach zu Protokoll gegeben; schon lange bevor er kurz vor Weihnachten seine Pläne publik gemacht hatte, war er damit bei Medien hausieren gegangen. Weiter geht es auch diesmal im selben Text: „Im Apothekengeschäft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten kaum etwas verändert; vermutlich ist kaum ein Markt so stark reglementiert.“ Dabei wachse die Notwendigkeit für neue Konzepte und Strukturen; immerhin sei die Anzahl der Apotheken von mehr als 20.000 auf weniger als 17.300 gesunken. „Immer nur um den Bestandsschutz und höhere Vergütungen zu kämpfen, kann keine dauerhaft tragfähige Lösung sein.“

Abermals wird erklärt, dass das deutsche Gesundheitssystem zu den teuersten der Welt gehöre, bei der Lebenserwartung jedoch nur im Mittelfeld liege. „Um das zu korrigieren, muss der Staat entweder noch mehr zuschießen oder den Markt liberalisieren, damit neue Ideen entstehen, gute sich bewähren können und dadurch die Leistungsfähigkeit steigt.“ Eine vermeintlich kritische Frage weiter doziert Werner über innovative Pharmazeuten („Auch junge Apotheker mit Veränderungswillen haben gute Ideen“) und den Wandel im Drogeriemarkt vor 50 Jahren: „Nur deshalb haben wir heute hochleistungsstarke Anbieter, bei denen Sie Drogerieartikel sehr günstig kaufen können.“

„Eine freie Marktwirtschaft steigert den Kundennutzen, das gilt eigentlich immer. Und darum geht es doch im Kern: dass es den Menschen gut geht im Land.“ Nach diesem Gänsehautmoment geht es noch eine Weile so weiter. Gesprochen wird über die seinerzeit gescheiterten Pickup-Versuche („Das Verbraucherverhalten hat sich fundamental geändert“), das Wachstum im Versandhandel („Mit dem E-Rezept beginnt gerade die Aufholjagd“) und einen möglichen Vorstoß in den Rx-Bereich („Die Kirschen in Nachbars Garten sind immer süßer, das Geschäft ist verlockend“).

Filmreif geht das Gespräch zu Ende: „Dann steigt er gegen 21.30 Uhr aufs Rad und fährt nach Hause.“

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