Correctiv-Beitrag

Kohlpharma und das allerletzte Wort

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Berlin -

Der Importeur Kohlpharma fühlt sich zu Unrecht am Pranger von Correctiv und RTL Nachtjournal. Geschäftsführer Jörg Geller hat angekündigt, juristisch gegen den aus Sicht der Merziger Firma unsauberen Beitrag vorzugehen. Doch bevor die Anwälte sprechen, geht die öffentliche Auseinandersetzung weiter. Nachdem Correctiv eine Reaktion auf den offenen Brief von Kohlpharma veröffentlicht hat, legt der Importeur jetzt selbst noch einmal nach.

Der Hauptvorwurf: Wegen des Parallel- und Reimports fehlen in Rumänien Medikamente. Trileptal ist im Fokus der Berichterstattung, das Mittel wurde auf der Website des rumänischen Gesundheitsministeriums von Patienten als Mangelmedikament gemeldet. Kohlpharma hatte dagegen Belege von Großhändlern vorgelegt, um die Verfügbarkeit zu beweisen. Humira und Avastin seien zwar nicht als Mangelware bezeichnet worden, beim RTL Nachtjournal aber „medienwirksam in dieser Form inszeniert“ worden, moniert Kohlpharma und zwar „mit einer kriminell anmutenden Verkaufsszene in einem rumänischen McDonalds“.

Zweifel hat der Großhändler auch an dem Testkauf aus dem Beitrag: „Eine ohne Not heimlich gefilmte, einzelne, anonyme Apotheke als Beleg“ findet der Importeur etwas dünn. Zumal selbst Muttersprachler das Gespräch mit der Apothekerin nicht hätten verstehen können. „Die Auswahl kann zudem Zufall sein – oder auch nicht. Wäre nicht wenigstens eine weitere Apotheke nützlich gewesen, um das Ergebnis zu überprüfen?“, fragt Kohlpharma. Aus dem Vorgang in einer einzigen Apotheke eine Aussage über die Gesamtsituation in Rumänien zu extrapolieren, ist gelinde gesagt gewagt.

Berichte von vermeintlich Betroffenen in sozialen Medien möchte Kohlpharma ebenfalls ungern als harte Belege akzeptieren. Und die erwähnte Patientenvereinigung sei finanziell befangen. „Sie wird von der der Pharmaindustrie gefördert, der Parallelhandel ein Dorn im Auge ist, weil er ihre Preissetzungsmacht schmälert“, argumentiert Kohlpharma. Zu den Sponsoren zählt unter anderem Roche (Avastin). Das werde im Bericht aber nicht erwähnt, stattdessen seien die Pharmahersteller schon im Beitrag auffällig verteidigt worden.

Die von Correctiv als Mangelliste zitierte Aufstellung des Ministeriums ist laut Kohlpharma eine offene Infoseite. „Hier steht Aussage gegen Aussage. Wir haben schriftliche Belege der betroffenen Großhändler, dass Trileptal lieferbar war. Sie haben eine einzelne, anonyme Apotheke, die sozialen Medien und eine offene Meldeliste beim Ministerium. Selbst mit viel gutem Willen würden wir sagen, die Fakten sprechen gegen Ihre Recherche und Ihre Interpretation der Wahrheit“, findet man in Merzig.

Fast schon absurd wird der Streit über die im Beitrag gezeigte Packung Trileptal, die die Journalisten dem betroffenen Jungen mitgebracht haben. Kohlpharma hatte sarkastisch bemerkt, dass letztlich eine rumänische Packung auf dem Tisch lag, die „dann wohl doch verfügbar war“. Correctiv hatte klargestellt. „Die Packung stammte aus Estland und war von einem deutschen Reimporteur.“

Dazu wieder Kohlpharma: Finden Sie es nicht selbst den Gipfel der Ironie, dass Sie ausgerechnet das (von Ihnen quasi als lebensgefährdend dargestellte) System des Parallelhandels benutzt haben, um eine estnische Packung Trileptal in Deutschland zu kaufen und dann für Ihren Beitrag gegen Parallelhandel nach Rumänien zu schaffen?“ Abgesehen davon, dass das juristisch fragwürdig sei, könne es sich auch um eine importierte Packung aus einer rumänischen Apotheke handeln. Ein Beleg fehle jedenfalls. „Aber es ist schön, dass das System des Parallelhandels Ihren Beitrag in dieser Form unterstützen konnten“, so Kohlpharma.

Dass der Arzt zwei Wirkstärken Trileptal verordnet habe, damit der Patient wenigstens eine verfügbare erhält, hält man in Merzig für ein Märchen. Ein Arzt in Rumänien habe auch Nachfrage der Darstellung widersprochen, dass dies übliche Verschreibungspraxis sei. Hier steht Aussage gegen Aussage.

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