Tschechische Republik

Tschechen müssen zuzahlen

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Berlin -

In Tschechien könnten ab kommendem Jahr Zuzahlungen für Arzneimittel und medizinische Leistungen Wirklichkeit werden. Das tschechische Kabinett hat den Plänen von Gesundheitsminister Tomas Julinek zugestimmt, ab 2008 pro Arztbesuch 30 Kronen, umgerechnet einen Euro, zu erheben. Ebenso hoch wie die Praxisgebühr soll nach dem Willen des Gesundheitsministers die Rezeptgebühr künftig sein; im Krankenhaus sollen den Patienten pro Tag 60 Kronen, bei Einlieferung in die Notaufnahme sogar 90 Kronen berechnet werden.

Lediglich Kinder unter drei Jahren werden von der Zahlung befreit. Für die Zuzahlungen plant der Gesundheitsminister eine Höchstgrenze von 5000 Kronen, also rund 180 Euro, bei der die Krankenhausaufenthalte allerdings nicht eingerechnet sind.

Rund 130 Millionen Euro sollen pro Jahr an Einsparungen zusammenkommen. Doch Julinek hofft, noch einmal soviel an Effizienzreserven zu heben. Denn Tschechien ist neben Polen, wo allerdings informelle Gelder fließen, eines der letzten Länder in Europa, in denen die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen die Patienten nichts kostet. In der Folge geht jeder Tscheche statistisch gesehen dreizehn Mal im Jahr zum Arzt, das ist doppelt so oft wie in den anderen EU-Staaten. Julinek hofft nun, dass die Zahl der Arztbesuche um ein Fünftel zurückgehen wird. Auch beim Arzneimittelverbrauch steht das Land im internationalen Vergleich weit oben.

Verbraucher und Ärzte lehnen die als Steuerungsinstrument gedachte Maßnahme ab. In den vergangenen Monaten waren mehr als 80 Institutionen und Verbände zum Reformpaket, dem zwei weitere Schritte nachfolgen sollen, angehört worden. Zuletzt hatten sich die Pädiater für die Maßnahme ausgesprochen. In dieser Woche wird das Abgeordnetenhaus über das erste Maßnahmenpaket abstimmen. Die Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ist erst für die nächste Legislaturperiode angesetzt.

Die Slowakei und Ungarn haben vorgemacht, wie durch Zuzahlungen das Gesundheitswesen entlastet werden kann. In der ehemaligen Bruderrepublik wurden bereits 2003 die ersten Gebühren erhoben; nach zwei Jahren war die Zahl der abgegebenen Arzneimittelpackungen um 13 Prozent gesunken. Der slowakischen Regierung zufolge wurden allein 2004 knapp 200 Millionen Euro eingespart. Allerdings hat der neue slowakische Premierminister Robert Fico die Gebühren wieder aufgehoben; Experten warnen nun vor einer erneuten Verteuerung der Gesundheitsversorgung.

Anders in Ungarn: Hier hat der nationale Krankenkassenfonds im ersten Quartal 2007 zum ersten Mal seit dem Fall der Mauer ein Plus erwirtschaftet. Zum Jahresbeginn waren unter anderem Gebühren von einem Euro für den Arztbesuch eingeführt worden, wodurch alleine die Zahl der ambulanten Klinikbehandlungen um 60 Prozent zurückgegangen war.

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