Frankreich

Gericht kassiert OTC-Versandhandelserlaubnis

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Berlin -

Erst drei Monate ist es her, dass in Frankreich der Versand von OTC-Arzneimitteln erlaubt wurde. Nun wurde das Gesetz überraschend ausgesetzt: Der Conseil d'État, der zugleich Justizministerium und oberstes Verwaltungsgericht ist, kippte die von der Regierung verabschiedete Regelung. Ein Apotheker hatte gegen die eingeschränkte Versanderlaubnis geklagt. Der Schuss könnte also nach hinten los gehen – und der Versandhandel durch das Urteil sogar ausgeweitet werden.

In Frankreich gibt es verschiedene Listen von OTC-Präparaten. Die Regierung hatte im Dezember den Versand von nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten, die zur Behandlung leichter Erkrankungen eingesetzt werden, frei gegeben. Die Liste umfasst rund 450 Medikamente. Die Erlaubnis war zudem auf Offizinapotheker begrenzt worden: Nur Pharmazeuten dürfen demnach OTC-Arzneimittel auf ihren eigenen Internetseiten anbieten.

Noch im vergangenen Jahr hatte ein Apotheker aus der nordfranzösischen Stadt Caen gegen das Gesetz geklagt. Medienberichten zufolge hatte der Apotheker selbst begonnen, Arzneimittel im Internet anzubieten. Die Klage des Pharmazeuten richtete sich gegen die Beschränkung der Versanderlaubnis auf eine bestimmte OTC-Liste.

Der Conseil d'Etat ist in Frankreich für die verfassungsrechtliche Prüfung aller neuen Dekrete und Gesetze verantwortlich. Gleichzeitig nimmt er als oberstes Verwaltungsgericht Klagen im Eilverfahren gegen neue Gesetze entgegen. Nur bei „ernsthaften Zweifel“ darf der Conseil ein Gesetz mit sofortiger Wirkung außer Kraft setzen.

So geschehen mit der OTC-Versandhandelserlaubnis: „ Das Gericht sieht einen ernsthaften Zweifel, was die Beschränkung auf die OTC-Liste betrifft“, heißt es in der Begründung. Nach dem EuGH-Urteil zum OTC-Versandhandel sei es nur gerechtfertigt, eine Grenze zwischen OTC- und Rx-Medikamenten zu ziehen. Die Beschränkung innerhalb des OTC-Bereiches widerspreche europäischem Recht.

Das Gericht sagte zudem, dass dem Kläger durch die Regelung Schaden entstanden sei: Er hätte nämlich eigentlich mehr Produkte im Internet anbieten dürfen.

Nach dem Urteil steht nun fest, dass die Regierung einen neuen Gesetzentwurf erarbeiten und den gesamten OTC-Markt freigeben muss. Mit seiner Meinung ist der Apotheker aus Caen übrigens allein auf weiter Flur: Bei einer Umfrage hatten sich neun von zehn Pharmazeuten des Landes gegen die Zulassung des OTC-Versandhandels ausgesprochen.

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