Vor zehn Wochen beantragt

Medisign: Landapotheker ab morgen ohne HBA

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Berlin -

Inhaber Daniel Mulfinger aus der Schwäbischen Alb wartet seit Wochen vergeblich auf seinen Heilberufsausweis (HBA) – trotz fristgerechter Beantragung über Medisign. Die fehlende Kommunikation des Anbieters setzen ihn massiv unter Druck. „Morgen läuft mein HBA ab“, sagt Mulfinger. „Ich weiß noch nicht, was ich morgen meinen Angestellten sage und wie wir überhaupt arbeiten sollen.“

Mulfinger besitzt zwei kleine Landapotheken in der Schwäbischen Alb: die Lemberg-Apotheke in Gosheim und die Heuberg-Apotheke in Wehingen. Seit rund einem halben Jahr kämpfen beide Standorte mit Baustellen. „Und jetzt kommt das mit dem HBA noch dazu.“

Vor knapp zehn Wochen, Mitte Juli, beantragte der Apotheker seinen HBA fristgerecht über Medisign. „Ich habe mehrfach nachgefragt, weil dann die Urlaubszeit kam“, erklärt er. Seitens Medisign wurde ihm mitgeteilt, dass Updates eingespielt wurden, die zu Verzögerung geführt hätten. Man sei aber „zuversichtlich, den HBA noch rechtzeitig produzieren und zur Verfügung stellen zu können“, berichtet der Inhaber.

In den folgenden Wochen telefonierte Mulfinger insgesamt dreimal mit Medisign. Es hieß stets, die Produktion dauere drei bis vier Wochen. „Selbst wenn es acht Wochen gewesen wären, hätte es mit der Vorlaufzeit klappen müssen.“

Nach etwa vier Wochen ohne Rückmeldung fragte er erneut nach. Zu diesem Zeitpunkt erhielt er die Auskunft, man sei guten Mutes, dass es doch klappen würde. „Das signalisierte mir: Da gibt es ein echt großes Problem.“ Medisign konnte ihm weder ein konkretes Datum nennen noch sich anderweitig kümmern.

Kammer empfiehlt zweiten HBA

Vor drei Wochen kontaktierte er schließlich die zuständige Kammer. „Dort hat man mir empfohlen, bei der Bundesdruckerei einen alternativen – nochmals mit Kosten verbundenen – zweiten HBA zu beantragen.“ Für ihn war bislang völlig unklar, dass eine zweiter HBA überhaupt ein Lösungsweg sein könnte.

Seine Kolleginnen und Kollegen will er deshalb vor der Situation, in der er gerade steckt, warnen: „Passt auf, schaut bitte rechtzeitig und legt euch eventuell sogar einen Backup-Ausweis zurecht, damit ihr im Notfall euren Betrieb am laufen halten könnt.“

Bislang wartete der Inhaber vergeblich. „Morgen läuft mein HBA ab“, erklärt Mulfinger. „Ich weiß noch nicht, was ich morgen meinen Angestellten sage und wie wir überhaupt arbeiten sollen. Ich muss mir einen Lösungsweg suchen, hoffen, dass ein Kollege sich erbarmt und mir aushilft – sonst kann ich meine Leute auch nach Hause schicken – und die Kundschaft.“

In seiner Apotheke ist Mulfinger der einzige Apotheker. „In der Filiale meiner Frau gäbe es noch eine Apothekerin, die aushelfen könnte.“ Er macht noch eine weitere Problemdimension auf: „Letzten Endes – de jure – laufe ich ja auch Gefahr, mit dem Regierungspräsidium zu kollidieren, wenn sie sagen, dass ich die Bevölkerung gar nicht ordnungsgemäß mit Arzneimitteln versorgen kann.“

Fehlende Kommunikation und operative Belastung

Was ihn wütend mache, sei die fehlende Kommunikation seitens Medisign. „Dass sie nicht sagen: Leute, wir können euch momentan nicht bedienen“, auch wenn dies bedeute, bei einem Mitbewerber bestellen zu müssen. Mulfinger gibt zu, dass das natürlich nicht schön für eine Firma sei, dennoch: „Wenn ich aber die Kundschaft sehenden Auges ins Verderben laufen lasse, dann ist das für mich ein Skandal.“

Am Ende des Tages werde das Problem, E-Rezepte nicht beliefern zu können, der Apotheke angelastet. „Dann heißt es, die kleine Landapotheke kann das nicht mehr. Sie können das den Leuten erklären, die gucken nur ungläubig. Es ist stets so, dass das Unvermögen des Apothekenteams hinter solchen Problemen vermutet wird. Es bleibt immer etwas an unserem Revers haften.“

Laut Mulfinger dreht sich mittlerweile in Apotheken alles um Zertifikate, ohne dass ein klarer Überblick oder automatische Benachrichtigungen existieren: „Wenn etwas abläuft, kann es schnell existenziell werden.“ Eine echte Alternative im Fall des HBA – ein Fallback – gibt es bislang nicht. Man müsse waren und höre selten etwas vom Anbieter.

„Wir kämpfen aktuell an allen Fronten“, betont der Inhaber. „Die Ärzte kriegen jetzt wieder ein Zubrot von 2,8 Prozent. Für uns ist kein Geld da.“ Darüber hinaus gebe es allgemeinhin keine Wahrnehmung dafür, dass Apotheken mit einem System arbeiten, das nicht funktioniere. „Wo ich sage, hier in der Diaspora, wo eh niemand hin will, agiert man als Einzelkämpfer und da fühle ich mich langsam überhaupt nicht mehr wahrgenommen.“

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