Als eine Patientin am Samstagvormittag die Apotheke betritt, ist sie zunächst hoch erfreut. „Sie erzählte mir freudestrahlend, dass es jetzt in ihrer Arztpraxis eine KI gebe, die Telefonate annehme. Dadurch sei alles viel schneller erledigt“, so Uwe Hansmann, Vertretungsapotheker. Das Problem: „Es war schlussendlich kein E-Rezept abrufbar, ich konnte die Patientin nicht versorgen.“
Die Patientin war begeistert, dass sie nun bei ihrer Arztpraxis so schnell bedient werden könne. „Jetzt geht sofort jemand ans Telefon und auch E-Rezepte sollen schneller in die Cloud geladen werden, erzählte sie mir“, so Hansmann. Als er jedoch daraufhin die elektronische Gesundheitskarte der Dame steckte und den TI-Abruf startete, musste er feststellen, dass keine Rezepte abrufbar waren.
Dabei habe die Patientin der KI am Telefon haargenau geschildert, welche Arzneimittel sie brauche. „Da ihr am Telefon gesagt wurde, dass die Rezepte schnell per Karte abrufbar seien, kam sie mit entsprechender Erwartungshaltung in die Apotheke“, erklärt Hansmann. „Ich konnte sie jedoch nicht versorgen, da am Wochenende keine Arztpraxis mehr erreichbar war.“ Die Kundin hatte sich demnach zu früh gefreut. „Sie wollte laut eigener Aussage am Montag zum Arzt gehen, um es zu klären.“
Es sei kein Einzelfall gewesen, erklärt Hansmann. „Es ist mein täglich Brot, dass ich Patienten wieder wegschicken muss, weil kein E-Rezept abrufbar ist.“ Oftmals seien die Stapelsignatuten das größte Hindernis. „Die Patienten kommen in die Apotheke und müssen unverrichteter Dinge wieder gehen. Das nervt“, bemängelt er.
Mehr noch: „Es ist auch die doppelt und dreifache Arbeit für uns in den Apotheken, für die nicht mal Geld rumkommt.“ Dieser digitale Hype sei nicht zuträglich, so Hansmann. „Eine KI kann den persönlichen Kontakt niemals ersetzen. Da fehlt es einfach auf mehreren Ebenen. Es ist für mich kein Fort- sondern eher ein Rückschritt.“